Kandidat für den Tassilo 2018:Ein großer Abenteuerspielplatz

Tassilo Kandidaten

"Bei uns soll jeder machen, woran er Spaß hat": Marja-Leena Varpio und Jonny Weissmüller gestalten mit ihren Helfern das Kulturprogramm.

(Foto: Niels P. Joergensen)

Der Kulturkreis Haimhausen zählt inzwischen mehr als 400 Mitglieder. Jedes Jahr stellt er rund 30 Veranstaltungen auf die Beine - mit viel ehrenamtlichem Engagement und jeder Menge Spaß

Von Dorothea Friedrich, Haimhausen

An den Wänden hängen Bühnenplakate, viele Fotos, einige Gemälde. Es gibt Bier, Wein, Nichtalkoholisches. Die Stimmung an den Tischen in der kleinen Gaststube ist locker. Eine typische Bar im Irgendwo? Nein, die Kulturkreiskneipe Haimhausen ist etwas ganz Spezielles. Sozusagen ein Eigengewächs des Kulturkreises Haimhausen. So wie die vielen Bühnenplakate, die die Erinnerung an die Eigenproduktionen der engagierten Gruppe wachhalten - und die Erwartung auf das nächste Theaterereignis befördern.

Mehr als 400 Mitglieder hat der Kulturkreis inzwischen. "Rechnerisch ist fast jeder zehnte Haimhausener bei uns Mitglied", sagt Jonny Weissmüller. "Aber da sind auch viele Auswärtige dabei", ergänzt seine Vorstandskollegin Marja-Leena Varpio. Warum? "Unser Programm zieht Menschen aus der ganzen Region an. Etliche wollen uns unterstützen, deshalb werden sie bei uns Mitglied", so Marja-Leena Varpio. Die Sopranistin, Weissmüller und der Dritte im Vorstandsbund, Andreas Schiebel, sind seit mehr als dreißig Jahren im Kulturkreis aktiv. Da stellt sich die Frage, warum gibt es diesen Verein überhaupt, und was macht ihn so attraktiv?

Poetry Slam

Die Besucher des Kulturkreises können vom Poetry Slam bis zur Jugendkunstausstellung alles erleben.

(Foto: Niels P. Joergensen)

Entstanden sei er aus einem Freundeskreis, erzählt Weissmüller. Der habe aus Spaß am Singen - und weil mit Sopranistin Varpio eine Frau vom Fach dabei war - 1981 das Chorensemble Stimmbruch gegründet. 1984 gründeten dann einige Chormitglieder den Kulturkreis. Weissmüller erinnert sich noch an die erste Freilichtaufführung. "Der kleine Prinz" stand auf dem Programm. Alles noch sehr improvisiert. Aus dem kleinen Prinzen Kulturkreis wurde nach und nach eine kulturelle Institution: Es folgten Rockkonzerte am Heiglweiher, Kabarett und zwei Kunstausstellungen jährlich. Was fehlte, war ein geeigneter Veranstaltungsort. Bis 1994 die ehemalige Schießanlage des Schützenvereins zur Neuverpachtung anstand. Der Kulturkreis griff zu - und renovierte bald auch den dazu gehörenden Saal. Die Zahl der Veranstaltungen stieg. Heute sind es mehr als dreißig im Jahr. Eine bunte Mischung aus Kunst und Kabarett, Musik und Literatur, Theater und Ausstellungen mit bekannten Protagonisten und jungen Künstlern.

Claus von Wagner war zu Gast

So war kürzlich Kabarettist Claus von Wagner zu Gast, demnächst tritt die junge Schauspielerin und Sängerin Mona Weiblen auf. Es gibt einen Haimhausener Poetry Slam und "Opern auf Bairisch". "Xenophobia - Scenes of Migration" greift ein brennendes Thema auf. Das sind nur einige Beispiele aus dem aktuellen Programm. Die Kneipe trägt sich selbst. Die legendären Großproduktionen, auf die die Kulturkreis-Fans schon wieder sehnsuchtsvoll warten, wären "ohne halb Haimhausen" gar nicht möglich. Begonnen haben diese mit dem "Millionenbauer", einer Adaption der bekannten Fernsehserie. Die bislang letzte war die sehr spezielle "Bairische Horror Schau". Alles echte Festivals, einschließlich Catering und stets ausverkauften Vorstellungen. "Das alles war und ist ein großer Abenteuerspielplatz", sagt Marja-Leena Varpio.

"Bei uns soll jeder machen, woran er Spaß hat"

Ein Abenteuerspielplatz, auf dem immer noch alles ehrenamtlich geschieht - von der Bewirtschaftung der Kneipe bis zur Programmgestaltung bis zur Technik. Das bedarf einer guten Organisation und einer großen Portion (Eigen-)Motivation. "Bei uns soll jeder machen, woran er Spaß hat", sagt die Sopranistin. Diverse Arbeitskreise, wie beispielsweise Ortsgeschichte, Literatur, Musik, Bildende Kunst, Internet oder Öffentlichkeitsarbeit bieten reichlich Betätigungsfelder. Die drei Vorstände verstehen sich als verantwortliche Koordinatoren und in manchen Dingen auch als Motoren.

Vernisage Junge Kunst

Abwechslungsreich: Das Programm in der Kulturkreiskneipe.

(Foto: Niels P. Jørgensen)

Die jüngsten Projekte sind durchaus zukunftsorientiert. Einmal im Monat trifft sich - selbstredend in der Kulturkreiskneipe - der "Runde Tisch". Er ist auch für Nichtmitglieder offen. Dort werden Ideen vorgestellt, Veranstaltungen geplant und vieles mehr. Das Kinderprogramm - "da kommen manche unserer Mitglieder inzwischen mit ihren Enkeln hin" - will Kinder unverkrampft für Kultur begeistern. Ein bisschen Nachwuchsförderung ist auch dabei, wie Marja-Leena Varpio sagt: "Vielleicht wollen die Kleinen ja später einmal bei uns mitmachen. Wir haben so viel zu bieten." Denn der Kulturförderkreis schwärmt auch aus: Kulturfahrten, aufwendige Feste, wie die "Venezianische Nacht" im Haimhausener Schlosspark, der jährliche Weihnachtsmarkt und die Eigenproduktionen. Wann kommt die nächste? "Wir denken noch nach", sagt Weissmüller. Nicht nachdenken müssen der Kulturkreis über prominente Künstler: "Die fragen inzwischen bei uns an. Außerdem haben wir in 34 Jahren viel gelernt und viele Kontakte geknüpft", sagt Weissmüller. Die nutzt der Kulturkreis auch künftig, "weil wir wollen, dass die Kultur in Haimhausen weiter ein festes Standbein hat", sagt Marja-Leena Varpio.

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