SZ-Serie: Raus aufs Rad I:Von Sportgerät bis Statussymbol

Zum Saisonstart ist die Auswahl im Radl-Laden groß wie nie. Beim Kauf spielen nicht nur technische Aspekte eine Rolle

Von Korbinian Eisenberger, Ebersberg

Paul Lang hat gut zu tun in diesen Tagen. Dass der Frühling nicht nur begonnen hat, sondern dass er sich auch nach Frühling anfühlt, bekommt er in seinem Fahrrad-Laden in Ebersberg deutlich zu spüren. "Seit zwei Wochen haben wir hier Hochbetrieb", sagt Lang. Seine Kunden wollen Fahrräder - schnelle schneidige, billige praktische, teure bequeme. Lang, der Geschäftsführer, muss an diesem Vormittag einen nach dem anderen betreuen. Für ihn geht es ums Geschäft, worum es seinen Kunden geht, muss er dann erst einmal herausfinden. "Wenn sie hereinkommen", erzählt Lang, wissen viele Radfahrer noch gar nicht, was sie eigentlich wollen."

Radln ist in; und die neuesten Rahmen, Schaltungen und Gadgets sind seit Anfang März auf dem Markt. Nach Angaben des Allgemeinen Deutschen Fahrrad-Clubs (ADFC) bietet der Markt in diesem Frühjahr so viel wie nie. "Es ist heute schwieriger denn je sich zu entscheiden", so ein Sprecher. Die Bandbreite reicht vom wuchtigen Elektro-Bike bis hin zur ultraleichten Rennmaschine, bei der man noch selber treten muss. Neu sind etwa Fahrräder, die mit einem USB-Anschluss zum Handy-Aufladen ausgestattet sind oder mit einer Schaltung, die automatisch die Trittfrequenz dem Pulsschlag anpasst. Wem solche Accessoires etwas bedeuten, der kann sich sein Radl mit allem Zubehör zusammenstellen lassen und gut und gerne den Kaufpreis eines Kleinwagens ausgeben. Später stellt sich jedoch oft heraus, dass man sich vieles hätte sparen können. Wer braucht also was? Und was nicht?

Karl-Heinz Schmeling, Sprecher des ADFC Ebersberg, vertritt die Interessen der Fahrradfahrer östlich von München. Er rät Kunden, sich genau zu überlegen, wofür sie ein Fahrrad überhaupt nutzen wollen, bevor sie einen Laden betreten. Nur dann könnten sie auch seriös beraten werden. "Man sieht immer wieder, dass Leute mit der falschen Ausrüstung unterwegs sind", sagt Schmeling. "Ein vollgefedertes Mountainbike ist wenig sinnvoll, wenn man es hauptsächlich auf dem Weg in die Arbeit oder zum Semmeln holen nutzt." Auf Asphalt und ebenen Wegen gehe durch Gewicht und Dämpfung einer Federgabel sogar ein Teil der Kraft verloren.

Warum an Bahnhöfen und Schwimmbädern dennoch Karbon-Rennräder und Downhill-Bikes parken? Vielen Käufern, so Schmeling, sei wichtig, wie ein Fahrrad wirkt. Das Fahrrad sei häufig nicht nur Transport- oder Sportgerät, sondern ein Statussymbol. Das bestätigt auch Lang. "Der Look ist gerade für jüngere Radler entscheidend", sagt er. Während Händler aus der Region berichten, dass sie den Hauptumsatz mit Mountainbikes machen, sieht man in München auffällig viele junge Männer auf modischen Leichträdern. Die sogenannten Fixies haben nur einen Gang, teilweise keine Bremsen und erinnern mit ihren schlanken Rahmen und dünnen Reifen an Rennräder - nur dass der Lenker nicht nach unten gebogen ist.

Für den alltäglichen Gebrauch sind die elegant-lässigen Gefährte allerdings eher unpraktisch. Zumindest lautet so das Urteil von Markus Scherb, der im Fahrradgeschäft Velo am Münchner Ostbahnhof arbeitet. Derzeit, so Scherb, verkaufe er vor allem praktische Stadträder. "Der Trend geht weg vom dünnen hin zum besonders breiten Reifen", sagt Scherb. Ähnlich ist das im Laden von Paul Lang. Nach Leichträdern mit nur 20 Millimeter schmalen Reifen frage praktisch niemand mehr. In Ebersberg verkaufe er bei den Stadträdern fast ausschließlich Modelle mit knapp acht Zentimetern Reifenbreite.

Für Schmeling eine logische Entwicklung. "Breite Reifen schützen besser vor Stößen als dünne", sagt er, oft würden sie sogar die Federgabel ersetzen.

Im dritten Teil der Serie lesen Sie am Mittwoch über neue Wege des Radtourismus in der Region.

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