SZ-Schulratgeber:Pauken mit iPad

SZ-Schulratgeber: Selbst der Sportunterricht an der Realschule Weichs läuft computergestützt ab.

Selbst der Sportunterricht an der Realschule Weichs läuft computergestützt ab.

(Foto: Toni Heigl)

Bücher? Zu schwer. Hefte? Langweilig. Die Theresia-Gerhardinger-Schule in Weichs geht neue Wege und nutzt Tablet-PCs mit moderner Lern-Software im Unterricht. Damit zählt sie zu den großen Vorreitern in Bayern.

Von Petra Schafflik, Weichs

Als Lehrer Robert Egg in der 7c eine "spontane Ex" ankündigt, werden nicht etwa Hefte weggepackt und Stifte rausgekramt. Die 29 Mädchen und Jungen klappen vielmehr eine schmale Plastikbox auf und starten ihr iPad. Zugangscode eingegeben, schon erscheint der Test auf den Bildschirmen. Jetzt heißt es Antwort anklicken, senden, weiter, nächste Frage. Natürlich haben die Schüler sofort bemerkt, dass die Prüfung heute nicht zählt, sondern nur zeigen soll, wie Unterricht mit einem Tablet-Computer funktioniert.

Seit diesem Schuljahr beschreitet die Theresia-Gerhardinger-Realschule in Weichs diesen innovativen Weg und hat eine iPad-Klasse eingerichtet. Der technische Aufwand für die private Schule in Trägerschaft der Erzdiözese München und Freising war gering, die pädagogischen Möglichkeiten gestalteten sich vielfältig, sagt Konrektor Robert Egg, der das Projekt initiiert hat. Bei aller Begeisterung warnt der erfahrene Pädagoge vor zu hohen Erwartungen: "Die Lerninhalte bleiben im Kern dieselben, aber die Verpackung ist anders, den Schülern macht der Unterricht mehr Spaß."

Weil er selbst technikbegeistert ist, besuchte Robert Egg, der Musik, Sport und IT unterrichtet, eine Fortbildung zu iPad-Klassen und war sofort überzeugt. Kollegium und Eltern zeigten sich aufgeschlossen, "also konnte es losgehen". Starten sollte das Pilotprojekt in der siebten Jahrgangsstufe des wirtschaftswissenschaftlichen Zweigs, wo an der Schule zwei Klassen parallel geführt werden. Dadurch konnten sich Eltern und Schüler frei pro oder contra iPad-Klasse entscheiden. Am Ende gab es mehr Anmeldungen als Plätze. Und das, obwohl die Familien die Geräte auf eigene Kosten anschaffen müssen. Die Schule sorgte für die technische Ausstattung des Klassenraums mit Beamer und WLAN. Für die Eltern gab es eine Einführung, aus der sich ein kontinuierlicher Workshop entwickelt hat.

Wie wird nun gelernt mit Tablet-Computer? Im Englisch-Unterricht haben die Schüler Texte über König Arthur gelesen. Um zu zeigen, was sie behalten haben, fertigen die Mädchen und Jungen jetzt statt einer schriftlichen Inhaltsangabe unterhaltsame Filmcollagen an. Mit Bildmotiven aus dem Schulbuch, witzigen Manga- oder klassischen Comicfiguren samt Sprechblasen erzählen die Schüler nach, was sie zuvor gelesen haben. Und lernen neben Englisch-Vokabeln, wie ein Grafik-Programm funktioniert.

Englischlehrerin Ulrike Beuttner schätzt es, dass ihre Schüler am Tablet zu allen Texten die korrekte Aussprache abrufen können. Begeistert vom elektronischen Lernmittel ist auch Anette Moers, die Betriebswirtschaft und Rechnungswesen in der 7c unterrichtet. "Bei mir gibt es kein Heft mehr." Gerade haben sich die Schüler eine Woche lang mit der Europäischen Union beschäftigt. Jetzt startet Moers ein kurzes Quiz, mit dem alle eigenständig ihr Wissen testen. Bücher und Hefte sind nicht in allen Fächern völlig aus dem Unterricht verschwunden, es werde auch noch mit der Hand geschrieben, berichtet Projekt-Koordinator Egg. Doch immer, wo das Tablet einen pädagogischen Mehrwert bietet, wird es eingesetzt.

Neues Zeitalter an der Scheibnerschule

Dachau - Auf Tablet-Computer im Unterricht setzt auch die private Wirtschaftsschule Scheibner - wenn auch mit etwas anderem Konzept. Für alle Siebtklässler hat die Schule iPads angeschafft, die nun im laufenden Schuljahr intensiv im Unterricht eingesetzt werden. Bewusst habe man sich dafür entschieden, die Geräte aus dem Schuletat zu finanzieren und den Schülern zur Verfügung zu stellen, erklärt Schulleiter Mathias Aricak. Als Privatschule, die ein monatliches Schulgeld von 155 Euro erhebt, "kann man von den Eltern nicht auch noch die Anschaffung von iPads verlangen." Da die Tablets der Schule gehören, wurden sie zentral und einheitlich eingerichtet. "Auf den Geräten ist kein Unsinn drauf", betont der Schulleiter. Zwar verfügt jeder Schüler über ein personalisiertes iPad, für das er auch verantwortlich ist. Doch bleiben die Geräte nach Unterrichtsschluss in der Schule, werden dort sicher verwahrt. Hausaufgaben werden noch konventionell mit Heft und Buch erledigt. Wie an der Realschule Weichs sind auch an der Wirtschaftsschule Pädagogen wie Schüler begeistert von den vielfältigen Möglichkeiten des Mediums Tablet-Computer. "Der Unterricht läuft komplett anders, viel abwechslungsreicher", betont Schulleiter Aricak. Die Computerräume im Haus werden jetzt nur noch genutzt, wenn Schüler den Umgang mit spezieller Büro-Software lernen. Auch Aricak ist überzeugt, dass dem Tablet-gestützten Unterricht die Zukunft gehört. Gerade weil die Schüler später in wirtschaftlichen Berufen, in Büro und Verwaltung, tätig sein werden, müssten sie im Umgang mit elektronischen Medien fit sein. Die Wirtschaftsschule wird deshalb nun sukzessive iPads für alle Jahrgänge anschaffen. pes

Per iPad werden Inhalte recherchiert, Ergebnisse präsentiert, Hausaufgaben erledigt, wird Wissen getestet und individuell im eigenen Tempo gelernt. Genutzt werden Lern-Apps, interaktives Material konzipieren die Weichser Pädagogen teilweise selbst, die Schulbuchverlage seien gerade erst im Umbruch, erläutert Egg. Baldmöglichst will man auf Bücher ganz verzichten, um den Kindern die Schlepperei zu ersparen.

Auch sei der gedruckte Schüleratlas nie so aktuell wie eine elektronische Karte, auf der sich Details heranzoomen und Animationen zu komplexen Themen abrufen lassen. Sogar in die Turnhalle schleppen die Schüler ihre iPads, eine App gibt dann Übungen vor und zählt Sekunden herunter. Anstrengend sind Kniebeugen, Liegestützen und Sit-ups trotzdem, bestätigen die Schüler schnaufend. Aber selbständig, statt auf Lehrerkommando zu trainieren, "das macht einfach mehr Spaß".

Die Erzbischöfliche Theresia-Gerhardinger-Schule in Weichs zählt mit dem Projekt iPad-Klasse zu den Vorreitern nicht nur im Landkreis, sondern in Bayern. Landesweit gibt es nach Auskunft des Kultusministeriums derzeit gerade einmal 60 Tablet-Klassen, davon etwa 15 an Realschulen. Die Zahlen steigen aber rasant, vor zwei Jahren gab es in ganz Bayern gerade einmal sechs dieser Klassen in allen Schularten. Öfter werden elektronische Endgeräte phasenweise für Projekte genutzt, doch in expliziten Tablet- oder auch Laptop-Klassen verfügen alle Schüler über eigene Geräte zum individuellen Gebrauch. So wie in Weichs, wo die Pädagogen überzeugt sind, dass Unterricht mit dem Tablet-Computer kein kurzlebiger Trend ist. Denn die Schüler schulen dabei Kreativität, Flexibilität und Teamarbeit, erwerben Routine im Umgang mit digitalen Medien.

Nicht jede technische Innovation erweise sich langfristig als nützlich im Schulalltag, weiß Schulleiter Reiner Hertweck aus langjähriger Erfahrung. Aber von der iPad-Klasse war der Rektor von Anfang an überzeugt, hat selbst das Projekt mit angestoßen und vorangetrieben. Wenn genügend Interesse von Schülern und Eltern da ist, wird im kommenden Schuljahr in der siebten Jahrgangsstufe wieder eine iPad-Klasse starten. "Das ist die Zukunft."

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