SZ-Schulratgeber:Im Rhythmus

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Gitarre, Bass, Keyboard oder Schlagzeug: Die Ganztagsklasse der Mittelschule Karlsfeld macht Musik. (Foto: privat)

Spontane Pausenkonzerte? Ja. Notenlehre? Nein. In der Band-Klasse der Mittelschule Karlsfeld spielt seit diesem Halbjahr jeder Schüler ein Instrument. Auf diese Weise lernen sie, sich zu fokussieren und in die Gruppe zu integrieren.

Von Viktoria Großmann, Karlsfeld

Mehr Musik gibt es seit dem zweiten Schulhalbjahr für eine fünfte Klasse der Mittelschule Karlsfeld. Die Schule nimmt am Projekt "Klasse im Puls" Teil, wie etwa 145 Real- und Mittelschulen in ganz Bayern. Jedes Kind in der Klasse wird ein Musikinstrument lernen. Sie werden zu Gitarristen, Bassisten, Keyboardern und Schlagzeugern - was da zusammen kommt, ist eine ganze Big Band. Band-Klasse wird sie daher auch heißen.

"Das stärkt das Selbstbewusstsein und die Konzentration", sagt Konrektorin Isolde Wengenmayer über das Musizieren. Sie ist erst vor einem Jahr von der Mittelschule Markt Indersdorf nach Karlsfeld gewechselt und will die musikalische Ausbildung an der Schule ausbauen. Vor allem soll der Unterricht praktischer werden. Wengenmayer ist eine der wenigen Mittelschullehrer, die Musik während des Studiums als Nebenfach gewählt haben. Zudem hat sie sich nebenbei freiwillig fortgebildet. Schon in Indersdorf gab sie Rhythmuskurse. Außerdem spielt sie Schlagzeug. Beim Musizieren werden beide Gehirnhälften aktiviert, erklärt Wengenmayer. Kurz: "Musik macht intelligenter", sagt sie und lacht.

Notenlehre steht nicht auf den Plan

An anderen Schulen äußert sich das bisher nicht unbedingt in Noten, aber doch an verbesserter Aufmerksamkeit im Unterricht und stärkerem Klassenzusammenhalt. "Klasse im Puls" gibt es bereits seit 2009, beobachtet und begleitet werden die Klassen von dem Musikpädagogen Wolfgang Pfeiffer und seinem Team aus Mittel- und Realschullehrerinnen an der Universität Erlangen-Nürnberg. Unterstützt werden sie vom Kultusministerium. "Die Kinder werden sozial kompetenter, sie lernen, sich zu organisieren", sagt Pfeiffer. Denn beim gemeinsamen Musizieren merkt jeder schnell, dass er seinen Platz hat - und es nicht gut ankommt, die anderen hängen zu lassen, wenn man nicht geübt hat.

Die Instrumente werden nicht auf klassische Weise erlernt. Jeder erlernt immer die notwendigen Griffe für ein bestimmtes Stück, Notenlehre steht zunächst nicht auf dem Plan. So stellt sich nicht nur schnell ein erster Erfolg ein, der motiviert, weiter zu machen. Die Kinder erleben auch, dass es unmittelbar etwas bringt, zu lernen und zu üben. Zudem seien die Schüler oft ruhiger und ausgeglichener, freuten sich mehr auf die Schule, hat Projektkoordinatorin Marta Urbanke aus Nürnberg beobachtet. "Sie kaspern nicht soviel herum und halten besser zusammen."

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Doch so eine Klasse einzurichten kostet viel Zeit und Geld. Die Anschaffung der Instrumente unterstützt der Landesverband der Sparkasse zusammen mit der Sparkasse am Ort. Das Team der Universität schickt die Lehrer zu Schulungen und Fortbildungen und stattet sie mit Unterrichtsmaterial aus.

Karlsfeld hat wie die meisten Schulen entschieden, die Ganztagesklasse zur Bandklasse zu machen. Denn für den gebundenen Ganztagesunterricht stehen zusätzliche Mittel für Lehrer und Stunden bereit. Insgesamt haben die Fünftklässler nun drei Stunden Musikunterricht in der Woche. Angelegt ist das Projekt jeweils für die fünften und sechsten Klassen. Danach ändert sich der Klassenverband durch neue Wahlfächer. Isolde Wengenmayer ist jedoch entschlossen, das Projekt nach der sechsten Klasse in der einen oder anderen Form fortzuführen und die Musikförderung am besten bis zum Schulabschluss hin zu erhalten.

Spontane Pausenkonzerte

Nach drei Jahren könnte die Mittelschule Karlsfeld von der Friedrich-Alexander-Universität ein Zertifikat bekommen. Das gibt es, wenn die Klassen kontinuierlich fortgeführt werden und das Musikleben fest im Schulleben verankert ist. Das ist aber in Karlsfeld ohnehin schon Gewohnheit. In der Vergangenheit hat es bereits ein Percussion-Projekt zusammen mit Schülern der Elisabeth-Bamberger-Förderschule gegeben. Außerdem hat Wengenmayer in verschiedenen Klassen Choreografien zu Popsongs wie "Happy" erarbeitet, auch spontane Pausenkonzerte setzt sie ab und zu an, erzählt sie.

Wengenmayer ist vom Nutzen dieser Projekte überzeugt. In ihren Percussion-Kursen hat sie erlebt, dass auch Kinder mit großen Konzentrationsschwierigkeiten es schaffen, sich ganz auf ihren Rhythmus zu konzentrieren ohne sich von den anderen aus dem Takt bringen zu lassen. "Sie schaffen es, sich zu fokussieren und vor allem sich in die Gruppe zu integrieren."

Auch das ist ein wichtiges Anliegen des Projektes, das nur für Realschulen und Mittelschulen zugeschnitten ist. Dort gehe der Musikunterricht oft etwas unter, sagen die Koordinatoren. Zudem gebe es in den Klassen häufiger Konflikte und Motivationsprobleme. Das könnte auch in Karlsfeld ein Thema sein, elf Nationalitäten gibt es allein in der Klasse von Isolde Wengenmayer. Probleme gebe es dadurch aber nicht. "Die sind querbeet befreundet", sagt die Konrektorin. Mit einem ausgefeilten Sportkonzept und nun parallel dem Aufbau der musikalischen Ausbildung, soll dieser Zusammenhalt noch gestärkt werden.

© SZ vom 27.02.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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