SZ-Forum in Dachau:Narrenfreiheit oder Drill

Sollen Kinder verwöhnt werden oder brauchen sie viel mehr Grenzen? Unter dem Titel "Lieben wir unsere Kinder lebensuntüchtig?" stellen sich die Experten des SZ-Forums am Donnerstag dieser Frage.

Helmut Zeller

Im "Familienland Bayern", wie das die Staatsministerin Christine Haderthauer (CSU) so heimelig formuliert, ist es um das Kindeswohl so gut nicht bestellt. Das offenbaren schon allein die Ausgaben der Kommunen für die Jugendhilfe. Erzieherische Mängel und soziale Defizite in den Familien verursachten 2010 im Jugendhilfeetat des Landkreises Dachau ein Loch von 10,5Millionen Euro.

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Wie enge Grenzen brauchen Kinder und dürfen sie auch mal richtig verwöhnt werden? Um diese Frage geht es beim SZ-Forum am Donnerstag in Dachau.

(Foto: dapd)

Elf Prozent der befragten 15-jährigen Schüler fühlen sich laut einer UNICEF-Studie von 2010 in Deutschland "unbehaglich und fehl am Platz", etwa jeder dritter fühlt sich "alleine". Gleichzeitig entwickelt sich ein Trend zu (wieder) mehr Drill und Disziplin in der Erziehung. Schule und Wirtschaft klagen über eine zunehmende Zahl von Auszubildenden, die weder Pünktlichkeit und Respekt gelernt haben noch über Konzentrationsfähigkeit und Motivation verfügen. Lehrer fühlen sich überfordert, und Eltern, konfrontiert mit dem Vorwurf, sie erzögen ihre Kleinen zu "Tyrannen", schwirrt der Kopf. Der Markt für Erziehungsratgeber boomt, schließlich will man nur das Beste für die Kinder, ihre Zukunft, in einer sich rasend verändernden Welt, die aber auch von den Erwachsenen nicht mehr überschaut wird. Klar ist eigentlich nur, dass da einiges schief läuft - über diese Situation, ihre Ursachen und die Möglichkeiten, dagegen zu steuern, wollen die Teilnehmer einer Podiumsdiskussion der SZ Dachau am Donnerstag, 7. April, um 20 Uhr im Ludwig-Thoma-Haus in der Dachauer Altstadt mit dem Publikum diskutieren.

Auf dem Podium sitzen Silvia Kuffer, Leiterin der Erziehungsberatungsstelle Dachau, Karin Mettin, die aus ihrem Alltag als Mutter berichtet, Albert Sikora, Leiter der Mittelschule Dachau Süd, Peter Hranicka, Leiter der Heilpädagogischen Tagesstätte im ZJE und die Dachauer Stadträtin Christine Unzeitig als Vertreterin der Industrie- und Handelskammer (IHK) München und Oberbayern. Unter dem Titel "Lieben wir unsere Kinder lebensuntüchtig?" stellen sich die Experten des SZ-Forums der zentralen Frage nach dem schwierigen Verhältnis von Verwöhnen und Grenzensetzen im Erziehungsalltag. Nicht Narrenfreiheit oder Drill können die Antwort sein, sondern eine richtig verstandene Liebe - aber welche? - dürfte der Schlüssel zum Erfolg sein. Schulleiter Albert Sikora prägt das Wort von der Urliebe der Eltern, die zu gering gar nicht ausfallen könne, aber im gesellschaftlichen und politischen Rahmen des "Familienlandes Bayern" wenig Platz zur Entfaltung hat.

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