SZ-Adventskalender:Pflege rund um die Uhr

Ana T. wünscht sich einen Rollator für ihre spastisch gelähmte Tochter. Es würde auch sie selbst entlasten, denn die Alleinerziehende hat seit 14 Jahren keine Nacht mehr durchgeschlafen.

Petra Schafflik

- "Seit 14 Jahren habe ich keine Nacht mehr durchgeschlafen", erzählt Ana T. (Name geändert). Seit ihrer Geburt leidet Tochter Tina unter einer spastischen Lähmung, kann nicht laufen oder stehen, Hände und Arme nicht voll einsetzen. Die Mutter, eine blasse, zierliche Frau, kümmert sich mit viel Engagement rund um die Uhr um das Kind, stemmt seit Jahren den anstrengenden Alltag ganz alleine. Unterstützung könnte Ana T. wie alle Familien mit behinderten Kindern im Landkreis vom familienentlastenden Dienst der Caritas (FED) erhalten. Geschulte Kräfte helfen den oft bis an die Grenzen belasteten Eltern. Dieses Angebot wird geschätzt, "die Nachfrage steigt", erklärt Thilo Wimmer, der als Leiter der Caritas-Kontaktstelle für Behinderte auch den FED koordiniert.

Der Alltag mit der behinderten Tochter ist anstrengend, oft muss Ana T. das bewegungseingeschränkte Mädchen heben oder tragen. Trainingsübungen gilt es zu absolvieren, nachts hilft die Mutter dem Kind mehrmals, sich im Bett umzudrehen. "Da werde ich ganz automatisch wach." Der zermürbende Kampf mit der Krankenkasse um Hilfsmittel nagt an den Kräften. Gerne würde Ana T. für die Tochter einen speziellen Rollator anschaffen. Darin könnte das Mädchen mit Beinschienen aufrecht stehen, sich selbständig fortbewegen. Die Krankenkasse verweist auf den vorhandenen Rollstuhl.

Optimal wären aber beide technischen Geräte, jedes für seinen gezielten Einsatzzweck, erklärt die Mutter. Denn im Rollstuhl ist eine aufrechte Haltung, ein Training der Beine nicht möglich. Selbst anschaffen kann Ana T. den Rollator nicht, denn auch finanzielle Probleme belasten die alleinerziehende Mutter. Einen Teilzeitjob, mit dem sie "wenigstens ein bisschen" selbst beisteuern konnte zum Unterhalt der Familie, musste sie aufgeben. Nach jahrelanger anstrengender Pflege ist sie "physisch und psychisch sehr angeschlagen." Die behindertengerechte Wohnung, die nur auf dem freien Wohnungsmarkt zu finden war, wird vom Job-Center nicht voll bezahlt. "Uns bleiben 250 Euro zum Leben." Ana T. will nicht undankbar erscheinen. Sie ist froh über die Unterstützung, die ihr zuteil wird. Dennoch bemüht sie sich um weitere Hilfen, denn nichts liegt ihr mehr am Herzen als das Wohl der Tochter.

Entlastung, nicht von den finanziellen Sorgen aber vom anstrengenden Alltag können Eltern behinderter Kinder wie Ana T. vom "Familienentlastenden Dienst" der Caritas bekommen. 60 Familien im Landkreis nutzen das spezielle Angebot, erklärt der Leiter der Caritas-Kontaktstelle, Thilo Wimmer. "Tendenz steigend." Zwei Ziele werden verfolgt: Entlastung des Familiensystems und Teilhabe der behinderten Kinder am Leben in der Gemeinschaft. Die 20 geschulten Fachkräfte kommen zu den Familien nach Hause, kümmern sich nachmittags, abends oder am Wochenende für einige Stunden um die behinderten Kinder. "Damit die Eltern durchschnaufen und Kraft schöpfen können." Zusätzlich bietet der FED ein Freizeitangebot mit Tagesausflügen, das Kindern mit und ohne Handicap offen steht. Ziel ist, "dass behinderte Kinder auch mal raus kommen und gemeinsam mit anderen etwas erleben".

Ana T. kennt dieses unterstützende Angebot, möchte aber "solange als möglich alles alleine schaffen". Der Freizeittreff könnte ihrer Tochter aber gefallen, dort möchte sie das Mädchen nach Möglichkeit demnächst anmelden. "Damit Tina auch einmal in Kontakt zu anderen Kindern kommt."

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: