Stühlerücken:Reform im Dachauer Rathaus

Die Stadt Dachau bündelt ihre sozialen Aufgaben in einem neuen Amt. Leiter wird der 47-jährige Sozialpädagoge Max Haberl.

Von Viktoria Großmann, Dachau

In der Dachauer Stadtverwaltung wird es noch ein bisschen enger. Dafür soll sie effizienter werden. Zum 15. September soll die mit dem Haushalt 2016 beschlossene Ämterreform umgesetzt werden. Alle sozialen Aufgaben, die bisher auf Haupt- und Ordnungsamt verteilt sind, werden im neuen Amt für Schule, Kinderbetreuung, Jugend, Soziales und Sport gebündelt. Hinzu kommt eine neu geschaffene Integrationsfachstelle. Für die Besetzung "zum nächstmöglichen Zeitpunkt" läuft noch bis Mitte September die Ausschreibung.

Mit beidem, sowohl dem neuen Amt für soziale Aufgaben als auch der Integrationsfachstelle, hat sich letztlich die SPD durchgesetzt. Die Ämterreform ist ein Projekt von Oberbürgermeister Florian Hartmann, die Integrationsstelle hatte seine SPD-Fraktion beantragt und letztlich gegen finanzielle Bedenken auf Seiten von CSU und FW durchgesetzt. Am Streit über die notwendigen zusätzlichen drei Stellen für das neue Amt - ein Amtsleiter, ein weiterer Abteilungsleiter, eine Assistenzstelle - war beinahe der Haushalt gescheitert. Die CSU hatte den Entwurf deswegen zunächst abgelehnt, die gemeinsame Weihnachtsfeier fiel wegen Verärgerung aus. Mittlerweile herrscht Einigkeit im Stadtrat und das neue Amt geht inklusive einstimmig beschlossener Integrationsfachstelle mit sogar vier neuen Stellen an den Start.

Unterstützung aus Karlsfeld

Dachau bekommt dafür Unterstützung aus Karlsfeld. Leiter des neu geschaffenen Amtes mit seinen vielfältigen Aufgaben wird Max Haberl. Der 47-jährige Sozialpädagoge leitete zuletzt sechs Jahre lang die Kinder- und Jugendarbeit in der Nachbargemeinde und hat sich damit landkreisweit einen guten Ruf erarbeitet. Da erscheint nun der Wechsel in die nächst größere Verwaltung logisch, wird Karlsfeld aber schmerzen. Hauptamtsleiter und Geschäftsleiter Josef Hermann wird durch die Umstrukturierung Aufgaben abgeben und neue hinzu gewinnen. Soziale Einrichtungen und Jugend wandern in das neue Amt, Hermann übernimmt dafür Bürgerbüro, Standesamt und Ordnungsamt. Auch dessen Leiter Stefan Januschkowetz wird wiederum die Aufgaben Soziales Wohnungswesen, Hilfe für in Not geratene Bürger und Obdachlosenunterbringung an Haberl und sein neues Amt abgeben. Das bisherige Bürgeramt wird ganz aufgelöst. Unverändert bleiben die Aufgaben der Stadtkämmerei und des Kulturamtes.

Für den Sinn der Reform gibt Oberbürgermeister Hartmann in einer Pressemitteilung folgende Beispiele: Drohe etwa einem Jugendlichen nach einem ernsthaften Zerwürfnis mit den Eltern die Obdachlosigkeit, sei es gut, wenn die Abteilungen für Jugend und Obdachlosigkeit nebeneinander angesiedelt wären. Dasselbe gelte für Alleinerziehende, die nach einer Trennung sowohl einen Kindergartenplatz als auch eine Sozialwohnung bräuchten. Beide Anträge könnten nun in einem Amt bearbeitet werden.

Haberl und seine Kollegen im neuen Amt werden vor große Herausforderungen gestellt: "Die Zahl der Dachauer, die von Obdachlosigkeit bedroht sind, hat deutlich zugenommen, und noch mehr die Anzahl der Menschen, die sich aufgrund des rasant steigenden Mietniveaus auf dem freien Markt keine Wohnung mehr leisten können und dringend eine Sozialwohnung benötigen", teilt der Oberbürgermeister mit. Hinzu kommt die hohe Nachfrage nach Kinderbetreuungsplätzen und die neuen Anforderungen der Mittelschulen mit ihren speziellen Unterrichtsprofilen. Zudem werde ein Ganztagsangebot mittlerweile auch an Grundschulen gewünscht. Auch diese sind Aufgabe der Stadt.

Vielfach eingefordert besonders von ÜB und zuletzt regelmäßig der SPD wurde eine größere Beachtung des Themas Sport und eines Ansprechpartners in der Verwaltung. Neben sozialen Aufgaben wird sich das neue Amt daher auch um das Thema Sport kümmern. Bisher ist die Sportförderung im Bereich Soziale Einrichtungen im Hauptamt angesiedelt. Über die Vereinssportförderung hinaus soll ein Augenmerk auf die Entwicklung der Sportstätten und des Angebots gelegt werden, das eine Stadt mit wachsender Einwohnerzahl braucht. Die Stadtpolitik legt Wert auf Kooperationen unter den Dachauer Vereinen oder von Vereinen und Schulen, wie etwa der Mittelschule Süd mit ihrem neuen Sportprofil, das nur mit Hilfe des ASV umgesetzt werden kann.

Anlaufstelle für Migranten

Die Koordinationsstelle Integration soll Anlaufstelle für Migranten ebenso wie Helferkreise sein. Bisher kümmert sich eine Mitarbeiterin in Teilzeit lediglich um die Belange von Kindern und Jugendlichen aus Zuwandererfamilien. Laut Stellenausschreibung soll die neue Kraft unter anderem ein "Integrationskonzept" entwickeln und "interkulturelle Begegnungsmöglichkeiten" schaffen und fördern.

All dieses Stühlerücken soll natürlich den Dachauern nutzen. Neue oder andere Wege als bisher müssen sie trotzdem nicht gehen. Das Bürgerbüro ist immer noch da, wo es bisher war. Auch wenn hier größere Räume gebraucht würden, sind diese noch lange nicht in Sicht. Vorerst müssen die Rathausmitarbeiter zusammenrücken. Büros wurden umgeräumt, ein Schulungsraum für neue Arbeitsplätze umgebaut.

Damit ist, wie Oberbürgermeister Hartmann sagt, "die letzte Reserve aktiviert". Neue Räume müssen her. Sie sollen neben dem Rathaus am Karlsberg entstehen, dort, wo noch das ehemalige Herrenmodengeschäft Trinkgeld steht. Im Juli beauftragte der Bauausschuss das Bauamt, die Ausschreibung eines offenen Architektenwettbewerbs vorzubereiten. Das gesamte Hanggrundstück könnte bebaut werden.

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