Streit um Seebergelände:Karlsfeld lehnt Dachauer Gewerbepläne ab

Seeber Gelände

Noch wird Dahoam is dahoam auf dem Seeber-Gelände gedreht, doch drumherum werden bereits alte Gebäude abgerissen, denn bald soll gebaut werden.

(Foto: Niels P. Jørgensen)

Der Gemeinderat empört sich über das Bauvorhaben am ehemaligen Seebergelände und wirft der Stadt Ignoranz vor. Schon jetzt herrscht Verkehrschaos an der Schleißheimer Straße

Von Christiane Bracht, Karlsfeld

Die Karlsfelder sind verärgert. Die Pläne der Stadt Dachau durchkreuzen die eigenen Visionen für die Zukunft. Beide Kommunen wollen Gewerbegebiete ausweisen und zwar unweit voneinander. Das Problem ist der Verkehr auf der Schleißheimer Straße. Die Vorhaben belasten besonders die Stelle, an der die Alte Römer- und die Bajuwarenstraße kreuzen. Schon jetzt muss man tagsüber ein oder zwei Ampelschaltungen warten, um die Ecke passieren zu können. Zu den Hauptverkehrszeiten morgens und abends bilden sich an der Kreuzung meist lange Staus. Die Verkehrsgutachter haben diesen Verkehrsknotenpunkt schon jetzt mit Kategorie F bewertet, der schlechtesten die es gibt.

Baut die Hubert Haupt Immobilien GmbH auf dem etwa acht Hektar großen ehemaligen Seeber-Gelände an der Schleißheimer Straße 100 in Dachau für mittelständische Unternehmen, dann werden laut Gutachten jeden Tag 3800 Autos mehr die große Kreuzung an der Bajuwarenstraße passieren. Das bedeutet noch mehr Verkehr für Karlsfeld, stöhnen die Gemeinderäte unisono. In der Stadtverwaltung zuckt man indes die Schultern. Planungen, den überbordenden Verkehr irgendwie in den Griff zu bekommen, gibt es nicht. "Auf eine Ertüchtigung des Knotenpunkts wird verzichtet", berichtet Simone Hotzan vom Karlsfelder Bauamt.

Mehr Lärm, Abgase und Stau wollten sie nicht einfach hinnehmen

Auch die Anwohner in Dachau Ost hatten sich in den vergangenen Monaten schon mehrfach über diese Aussicht beklagt. Mehr Lärm, Abgase und Stau wollten sie nicht einfach hinnehmen. Doch die Stadt hatte lediglich darauf hingewiesen, dass die Feinstaubwerte weiterhin eingehalten würden. Und wenn der Lärm zu belastend sei, könne man eine Schallschutzwand aufstellen. Der Verkehrsstau würde im übrigen über die Ampelschaltung geregelt.

"So viel Ignoranz und Arroganz der Stadt Dachau - das ist ja unglaublich, ja ungeheuerlich", empörte sich Mechthild Hofner (Bündnis für Karlsfeld) jüngst im Bauausschuss. "Das ist überhaupt nicht nachvollziehbar." Auch Bürgermeister Stefan Kolbe (CSU) zeigte sich erzürnt: "Bei der Westallianz funktioniert die Zusammenarbeit wunderbar. Die Große Kreisstadt denkt dagegen sie habe einen anderen Status. Verkehr hört nicht an der Gemeindegrenze auf", schnaubte er.

Wolfgang Offenbeck (CSU) mahnte indes zur Mäßigung. Er erinnerte daran, dass auch Karlsfeld gerne ein Gewerbegebiet südlich der Schleißheimer Straße eben an dieser Kreuzung ausweisen will. Die Dachauer waren nur schneller mit ihren Planungen. Bei den Debatten über die dringend benötigten Gewerbeflächen hatte der Verkehrsgutachter auch den Karlsfeldern erklärt, dass die Straßen schon jetzt überlastet sind. Die Gemeinderäte hatten ihre Planungen deshalb nicht ad acta gelegt, sondern in Kauf genommen, dass man künftig noch länger warten muss, wenn man auf die Straße fährt. Zu groß ist der Druck, der auf der Kommune lastet. Die Gemeindefinanzen geraten schon sehr bald in Schieflage, denn der enorme Zuzug und die vielen Kinderbetreuungseinrichtungen verschlingen gigantische Summen.

"Wir leiden unter der Gesamtentwicklung"

Auf der Einnahmeseite sieht es indes verhältnismäßig mau aus. Das etwa sechs Hektar große Gewerbegebiet an der Grenze zu Dachau soll das drohende Minus in der Gemeindekasse abfedern. Deshalb zeigte man sich auch hinsichtlich des Verkehrsinfarkts relativ großzügig. "Wir leiden unter der Gesamtentwicklung", sagte Offenbeck in der Sitzung. In einigen Wochen oder Monaten werde man Dachau mit dem Karlsfelder Vorhaben konfrontieren. "Wir machen es also genauso", erinnerte Offenbeck. Dabei müsse man gemeinsam nach einer Lösung suchen, forderte er. Grund für die Ignoranz der Stadt ist wohl die seit Langem geplante Nordostumfahrung, die das Problem langfristig lösen soll. "Der Verweis darauf ist sportlich", klagt Verkehrsexperte Bernd Wanka (CSU). Seiner Einschätzung nach wird die Realisierung dieser Trasse noch mindestens fünf Jahre dauern. Denn Dachau debattiert noch, ob man die Straße mit Eigenmitteln vorfinanzieren soll. "Bis dahin die Kreuzung zu einem Dauerparkplatz zu machen, kann nicht unser Ziel sein", sagte Wanka der SZ.

Und so lehnen die Karlsfelder das Dachauer Gewerbegebiet auf dem ehemaligen Seeber-Gelände ab - und zwar einstimmig. Insgeheim ist Wanka jedoch beruhigt, denn "solange Dahoam is Dahoam auf dem Gelände gedreht wird, wird nicht viel passieren", sagte er.

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: