Kita-Streik:Verständnis für den Ausstand

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Der Streik geht weiter. Erzieherinnen und Erzieher lassen nicht locker - auch nicht im Landkreis. (Foto: Toni Heigl)

Die Erzieherinnen und Erzieher kommunaler Kindertagesstätten streiken weiter - wie lange, ist noch unklar. Obwohl viele Eltern deshalb massive Probleme haben, können sie die Anliegen des Personals nachvollziehen.

Von Julian Erbersdobler, Dachau

Der Streik der Erzieherinnen und Erzieher in kommunalen Kindertageseinrichtungen im Landkreis geht weiter. Während am Montag in Dachau vier von elf kommunalen Einrichtungen für einen Tag geschlossen hatten, zieht sich der Streik der gemeindlichen Kitas in Bergkirchen seit mehr als einer Woche hin. Ein Ende ist nicht in Sicht. Wie gehen die Eltern damit um? "Im Moment ist es noch relativ ruhig", sagt die Elternbeiratsvorsitzende des Kinderhauses Regenbogen in Bergkirchen, Dana Michailidis. Ihre Kinder werden seit Montag von einer befreundeten Mutter betreut. Vergangene Woche musste die Großmutter einspringen, erzählt sie. Vom unbefristeten Streik in Bergkirchen sind das Kinderhaus Regenbogen, der Integrationskindergarten Wichtelburg sowie der Eulenhort betroffen. "Die meisten Eltern können die Erzieherinnen und Erzieher verstehen", sagt sie.

Siegfried Ketterl, Geschäftsleiter im Bergkirchener Rathaus, hat auch schon andere Eltern-Reaktionen per Telefon oder E-Mail erhalten. "Das war teilweise an der Grenze des guten Geschmacks", erzählt er. Aber auf der anderen Seite könne er das auch nachvollziehen. Trotzdem kann Ketterl nicht verstehen, warum ausgerechnet die Gemeinde von manchen Eltern als "Buhmann" hingestellt werde. "Wir sind am Verhandlungsprozess doch gar nicht beteiligt." Für beide Seiten hofft er, gerade wegen der Kinder, auf eine "rasche Lösung". Einen ähnlichen Standpunkt vertritt auch Martina Hubrig. Die stellvertretende Geschäftsleiterin im Dachauer Rathaus setzt ebenfalls auf ein baldiges Ende, auch wenn die Situation in der Großen Kreisstadt nicht mit der in Bergkirchen verglichen werden könne. In Dachau wurden am Montag der Klosterkindergarten, der Kindergarten und Hort Udldinger Tausendfüßler, der Kindergarten Wirbelwind und der Kindergarten Purzelbaum bestreikt.

Renate Mehlhase ist seit 29 Jahren Erzieherin. Seit 2001 leitet sie den städtischen Kindergarten Am Stadtwald. Am Montag vor einer Woche blieb auch die Tür ihrer Kita verschlossen. Die Erzieherinnen waren an diesem Tag bei einer Kundgebung in München. "Obwohl wir gerade nicht streiken, habe ich insgesamt ein ungutes Gefühl", sagt sie. Bisher sei keine Einigung in Sicht. Verbesserungsbedarf gebe es allerdings genug: eine bessere Bezahlung und mehr Zeit für das Einlernen neuer Kollegen oder Praktikanten zum Beispiel. Davon würden am Ende alle profitieren, sagt sie. "Wir wollen doch alle gute Erzieherinnen und Erzieher für unsere Kinder." Viele Dachauer Eltern sehen das ähnlich. "Wir haben bisher eigentlich noch kein negatives Feedback bekommen", sagt die Elternbeiratsvorsitzende des Kindergartens am Stadtwald, Birgit Fleischer. Dafür hat Erzieherin Renate Mehlhase eine einfache Erklärung: die vergleichsweise kurzen Streiks in Dachau. "Ich weiß auch nicht, wie die Reaktionen bei einem größeren Ausmaß wie in Bergkirchen ausgefallen wären." Derzeit könnten sich noch viele Eltern in die Lage des Personals hineinversetzen und Verständnis zeigen. "Die Mieten müssen irgendwie bezahlt werden." Dass es aber selbst in Bergkirchen mehr Verständnis als Abneigung gibt, findet Geschäftsleiter Ketterl "bewundernswert". Das sei keine Selbstverständlichkeit. "Der Elternbeirat steht zum Teil sogar hinter den Streiks." Er selbst unterstütze zwar die Sache, aber nicht alle Mittel dafür. Mehr als 90 Prozent der Mitglieder von Verdi, der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) sowie des Beamtenbundes (DBB) hatten für einen unbefristeten Streik gestimmt. Diese Form bezeichnet Ketterl als "unfair".

Im Gemeinderat am Dienstag werde es dennoch auch darum gehen, über Rückzahlungen an die Eltern zu sprechen. Die ersten Signale des bayerischen Gemeindetages, dem Dachverband der Kommunen, seien in diesem Zusammenhang aber "negativ" ausgefallen. "In Dachau wird es laut Satzung keine Rückzahlungen geben", stellt Martina Hubrig klar. Die bisherige Regelung sieht vor, dass Rückzahlungen erst vom 20. Tag an einer von der Stadt nicht verschuldeten Schließung in Anspruch genommen werden können.

Wer in Bergkirchen und Dachau während des Streiks auf die Kinder aufpasst, ist aber noch immer nicht geklärt. Eine Notfallbetreuung gibt es nicht. Vielleicht kam eine Bergkirchener Mutter auch deshalb auf die Idee, dass doch der Bürgermeister einspringen könnte.

© SZ vom 19.05.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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