Städtefreundschaft:Mit Wams und Barett aufs Volksfest

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Die Trachtengruppe aus Dachaus Partnerstadt Fondi begeistert mit ihren historischen Renaissancekostümen. Oberbürgermeister Hartmann vereinbart mit seinem italienischen Kollegen Salvatore de Meo, die Freundschaft mit neuem Leben zu erfüllen

Von Niels P. Jørgensen, Dachau

Es ist vielleicht einer der schönsten Augenblicke dieses Besuchs: Im knietiefen Wasser der Amper steht Salvatore de Meo mit seinen kleinen Töchtern Gisele und Aurora neben der kleinen Insel am Georg-Andorfer-Haus. Der Sindaco (Bürgermeister) aus Dachaus Partnerstadt Fondi genießt die Kühle des Wassers, aber noch mehr genießt er diesen Moment der Privatheit, abseits von allen offiziellen Verpflichtungen. Solche Gelegenheiten sind für ihn und seine Familie selten. Zuhause trennt de Meo Arbeit und Privatleben strikt, seine Mitarbeiter schildern ihn als engagierten und gut organisierten Politiker. Nicht umsonst ist er am 31. Mai unter sechs Kandidaten mit knapp siebzig Prozent in sein Amt wiedergewählt worden. Als Mitglied im Europäischen Ausschuss der Regionen vertritt er zudem die italienischen Interessen in Brüssel und ist dafür oft auf Reisen.

An der Amper kann er mit seiner Familie nun ein wenig entspannen, er und die ihn begleitende Stadträtin Daniela de Bonis samt ihren Kollegen Paolo Rotunno und Vincenzo Carnevale haben bereits ereignisreiche Tage hinter sich. Mit Dachaus Oberbürgermeister Florian Hartmann (SPD) und seinen Mitarbeitern wurde über die nächsten Aktivitäten der Partnerschaft geredet. Ein Besuch beim SPD-Abgeordneten Martin Güll im Münchner Maximilianeum bot die Gelegenheit, die Auswirkungen des föderalen Prinzips auf politisches Handeln kennenzulernen und über Steuerrecht und die Finanzierung der Kommunen zu sprechen. Aber es blieb Zeit beim anschließenden Stadtrundgang mit seinen Kindern, fasziniert den Surfern auf der Eisbach-Welle zuzuschauen, bevor er am Samstag nach dem Volksfesteinzug in der Kutsche des OB die Besucher im großen Festzelt mit einem "Servus Dachau, Prost!" begrüßte.

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(Foto: Niels P. Jørgensen)

Ein Selfie in der Münchner Theatinerstraße.

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(Foto: Toni Heigl)

OB Hartmann begrüßt auf dem Dachauer Volksfest die italienische Trachtengruppe in Renaissance-Kostümen aus Fondi.

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(Foto: Niels P. Jørgensen)

Das Bildnis der Schönen tragen sie überall mit - Fürstin Giulia Gonzaga prägte die Stadt Fondi.

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(Foto: Niels P. Joergensen)

Die Naturfreunde beider Partnerstädte grillen im Georg-Andorfer-Haus in Günding.

Auch das Grillfest, zu dem ihn die Naturfreunde Dachau eingeladen haben, hat nicht nur privaten Charakter, denn an diesem Abend geht es um eine neue Dimension des partnerschaftlichen Austausches zwischen den beiden Städten. Salvatore de Meo und sein junger Kollege Hartmann sind sich einig: Eine europäische Städtepartnerschaft soll sich nicht auf den Austausch von Honoratioren und offiziellen Funktionären beschränken. Sie soll für alle Bürger erlebbar sein und mit Leben erfüllt werden. Deswegen sind auch nicht nur Bürgermeister und Stadträte zum Grillen auf der Amperinsel, sondern auch acht Ambientalisti, eine Gruppe von Naturschützern im Alter zwischen dreizehn und vierzig Jahren aus Fondi. Sie haben das Matratzenlager im Andorfer-Haus bezogen und erleben nicht nur das Volksfest, sondern unternehmen mit ihren Dachauer Gastgebern auch eine Schlauchboottour auf der Amper und Ausflüge nach München und in die eindrucksvolle Höllentalklamm. Dass ihre Dachauer Betreuer überwiegend schon im Rentenalter sind, hat dabei wenig zu bedeuten: Spätestens auf der Bergtour machen einige der jüngeren Italiener schlapp, solche Berge haben sie, sie leben ja zwischen Rom und Neapel, noch nie gesehen, geschweige denn erstiegen.

Die Trachtengruppe Associazione Araldica Contado D' Aquino ist auf eigene Kosten nach Dachau angereist, und sie hat die schönste Frau Italiens mitgebracht. Gemeint ist die Renaissancefürstin Giulia Gonzaga, die Fondis Geschichte wesentlich mitbestimmte. Eine mutige und kluge Frau, die sich dem Papst widersetzte, ins Castello gesperrt wurde und heimlich fliehen musste. In prachtvollen historischen Kostümen hat Schneiderin Clementina Evangelista sie wieder zum Leben erweckt und verzaubert auch das Dachauer Publikum. Beim Volksfesteinzug noch auf Position 13, führt die Gruppe am folgenden Sonntag den Märchenzug der Dachauer Kinder an. Stolz und strahlend marschieren die 14 Italiener in der Gluthitze durch die Straßen Dachaus, freuen sich über den Applaus der Zuschauer und anschließend über einen Becher frisches und kaltes Leitungswasser. Sie sind begeistert, bedanken sich herzlich, dass sie mitmachen durften und wollen auf jeden Fall wiederkommen.

Es sind solche Momente, die auch die Herzen der Dachauer Kulturamts-Mitarbeiter höher schlagen lassen, die nicht nur die organisatorischen Vorbereitungen erledigt haben, sondern die verschiedenen Gruppen auch bei vielen Unternehmungen betreuen.

Und eine weitere Gruppe ist aus Fondi eingetroffen. Traditionsgemäß sind auch in diesem Jahr acht Senioren aus Italien zum Volksfest eingeladen worden. Salvatore de Meos Fahrer, Giuliano Carnevale, hat sie mit einem Kleinbus nach Dachau chauffiert, um mit ihnen am Seniorennachmittag im Bierzelt teilzunehmen. Auch sie werden, wie alle ihre Landsleute, nur in einem Punkt enttäuscht: Die Hoffnung auf ein paar Tage Abkühlung im hohen Norden trügt, denn im Dachauer Volksfestsommer ist es fast so heiß, wie daheim am Mittelmeer.

© SZ vom 18.08.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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