Sorge um öffentliche Sicherheit:AfD wirft OB Hartmann Rechtsbruch vor

Sorge um öffentliche Sicherheit: Die Versammlung der AfD kürzlich im Augustenfelder Hof war von Protesten Dachauer Bürger und des Runden Tischs gegen Rassismus begleitet.

Die Versammlung der AfD kürzlich im Augustenfelder Hof war von Protesten Dachauer Bürger und des Runden Tischs gegen Rassismus begleitet.

(Foto: Toni Heigl)

Eine bereits genehmigte Veranstaltung sagt Florian Hartmann wieder ab. Auch im Karlsfelder Bürgerhaus ist die Partei nicht willkommen.

Von Gregor Schiegl, Dachau

Der Kreisverband Dachau-Fürstenfeldbruck der Alternative für Deutschland (AfD) wirft Dachaus Oberbürgermeister Florian Hartmann (SPD) Rechtsbruch vor, nachdem er jüngst die Genehmigung für eine Parteiveranstaltung im städtischen Ludwig-Thoma-Haus widerrufen hat. Damit werde die AfD auf unzulässige Weise benachteiligt, klagt der Verband. Den selben Vorwurf erhebt die AfD gegen die Gemeinde Karlsfeld: Dort hatte Bürgermeister Stefan Kolbe (CSU) der Partei eine kategorische Absage erteilt: Das Bürgerhaus stehe für AfD-Veranstaltungen nicht zur Verfügung. Beide Rathauschefs begründen ihre Entscheidung mit der Sorge um die öffentliche Sicherheit. Die AfD weist dies als vorgeschobenes "Scheinargument" zurück und hat die Kommunalaufsicht des Landratsamts eingeschaltet.

Aus Sicht von AfD-Sprecher Karl-Hermann Behrens verstoßen die Kommunen gegen die Gemeindeordnung. Diese verpflichte sie, allen Parteien, die zu öffentlichen Wahlen zugelassen sind, Zugang zu öffentlichen Veranstaltungsorten zu gewähren. Nach eigenen Angaben hat die AfD einen Anwalt eingeschaltet. Laut AfD wurde auch Rechtsaufsichtsbeschwerde beim Landratsamt eingereicht. Der Leiter der Kommunalaufsicht, Michael Laumbacher bestätigt allerdings nur eine formlose Beschwerde. Der Rechtsweg wäre eine Klage vor dem Verwaltungsgericht.

Auslöser des Streits: Am 11. April sollte der ehemalige stellvertretende Chefredakteur der Bild-Zeitung und scharfe Islamkritiker Nicolaus Fest im Ludwig-Thoma-Haus auftreten. Zunächst hatte die Stadt die AfD-Veranstaltung genehmigt. Oberbürgermeister Florian Hartmann widerrief sie jedoch, nachdem er vom Landratsamt erfahren hatte, dass die AfD wegen der zu erwartenden Gegendemo von Mitgliedern des "Runden Tischs gegen Rassismus" ihrerseits vorsorglich eine AfD-Gegendemo angemeldet hatte.

Die AfD-Kreisvorsitzende sieht die Schuld bei "bestimmten Antifa-Gruppen"

Das wurde Hartmann zu viel. In einem Schreiben an den Dachauer AfD-Ortsverbandsvorsitzenden Markus Kellerer teilte er mit, diese zusätzliche Versammlung gebe "Anlass zu der Befürchtung weiterer Ausschreitungen". 2015 hatte es tumultartige Szenen gegeben, als Anhänger und Gegner der AfD bei einer Parteiveranstaltung vor dem Thoma-Haus aufeinandergetroffen waren.

Linda Amon, Vorsitzende des Kreisverbands, rechtfertigt die von AfD-Seite geplante Demo als "Maßnahme, die die Belästigung und Behinderung unserer Veranstaltungsteilnehmer auf ein Minimum begrenzen" sollte. Sie bestreitet nicht, dass es bei den AfD-Veranstaltungen in Dachau jedes Mal Unruhe gibt, denn wann immer die Partei sich versammelt, demonstrieren Bürger vor den Türen für ein buntes, weltoffenes Dachau. Getragen werden diese Gegendemos vom Verein Runder Tisch gegen Rassismus, in dem auch Stadt und Landkreis Dachau Mitglieder sind. Dort sieht Amon die Ursache der Unruhe: in "bestimmten Antifa-Gruppen, die mit den Parteien und Verbänden am ,Runden Tisch' sitzen" und "von Seiten des Stadtrats keine Gegenwehr bekommen". Für die AfD ist das Verhalten Hartmanns ein Rechtsbruch. Auf ihrer Facebook-Seite kommentiert sie den Vorgang mit den Worten: "Dachauer Bürgermeister ignoriert Gesetze - und ist auch noch stolz darauf."

Die Benutzungsordnung fürs Thoma-Haus erlaubt es der Stadt allerdings, bereits genehmigte Veranstaltungen wieder abzusagen, wenn die öffentliche Sicherheit in Gefahr ist. Genau das hat Hartmann getan. Die Anwürfe und Provokationen der AfD gegen ihn will er nicht kommentieren. "Das ist mir echt zu blöd." Die Absage der AfD-Veranstaltung sei in nicht öffentlicher Sitzung mit dem Stadtrat besprochen worden, der ihm "Rückendeckung" gegeben habe, sagt Hartmann.

Breiter Rückhalt in den politischen Gremien Dachaus und Karlsfelds

Karlsfelds Bürgermeister Kolbe hat sich nach eigenem Bekunden ein Stimmungsbild im Gemeinderat abgeholt - mit klarem Resultat: keine AfD-Veranstaltungen in Karlsfeld und zwar generell nicht. "Ich muss die Sicherheit im Ort gewährleisten", sagt Kolbe. "Wenn die AfD eine Veranstaltung macht, wissen wir ja, worauf das hinausläuft." So weit geht Hartmann nicht: Er betont, dass es sich "immer um eine Einzelfallentscheidung" handele, welche die Stadt treffe - so auch in diesem Fall.

Michael Laumbacher vom Landratsamt stellt klar: "Es ist keine Pflichtaufgabe der Gemeinden, Parteien Räume zur Verfügung zu stellen." Wenn eine Kommune an einem Ort Parteiveranstaltungen zulasse - das trifft sowohl auf das Bürgerhaus Karlsfeld als auch das Ludwig-Thoma-Haus zu - müsse sie den Zugang allen zugelassenen Parteien ermöglichen. Weil die Meinungs- und Versammlungsfreiheit "ein sehr hohes Gut" sei, müssten Absagen von Parteiveranstaltungen sehr gut begründet sein, etwa durch eine konkrete Gefahrensituation, die durch eine entsprechend kritische Einschätzung der Polizei belegt werden könne. Laumbacher will den Vertretern beider Kommunen Gelegenheit geben, ihre Entscheidung im Detail zu erläutern. Bürgermeister Stefan Kolbe: "Dem sehe ich sehr gelassen entgegen."

Der AfD-Kreisverband ist auch andernorts kein gern gesehener Gast. Nach Angaben der Kreisvorsitzenden Linda Amon hat die Stadt Germering der AfD im vergangenen Sommer die Stadthalle gekündigt und sie schriftlich wissen lassen, dass für die AfD in diesem "multikulturellen Haus" kein Platz sei. "Wir haben damals nur deshalb nicht dagegen geklagt, weil einer unserer Redner ebenfalls absagen musste - und damit war die geplante Veranstaltung hinfällig."

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