Sichtbare Veränderungen:Barrierefrei durch Altomünster

Sichtbare Veränderungen: Das Kopfsteinpflaster sieht zwar schön aus, ist aber für manch einen schwer zu überqueren. Deshalb hat die Gemeinde jetzt Abhilfe geschaffen.

Das Kopfsteinpflaster sieht zwar schön aus, ist aber für manch einen schwer zu überqueren. Deshalb hat die Gemeinde jetzt Abhilfe geschaffen.

(Foto: Toni Heigl)

Senioren und Menschen mit Behinderung können nun leichter vom Bahnhof zum Ortszentrum kommen. Denn jetzt gibt es glatte Wege und ein Leitsystem für Blinde. 130 000 Euro hat sich die Gemeinde das kosten lassen

Von Horst Kramer, Altomünster

Die Marktgemeinde hat sich im vergangenen Jahr daran gemacht, die Ortsmitte so zu gestalten, dass alle gut zurecht kommen, auch Menschen mit einer Behinderung. Erste Maßnahmen sind bereits am Bahnhof und rund um das Rathaus zu sehen. So wurden Straßenbeläge verändert und Leitsysteme implementiert. "Die Barrierefreiheit ist jetzt sichtbar", sagt Bürgermeister Anton Kerle (CSU). "Die Resonanz ist bisher sehr positiv." Immerhin hat das Projekt bis dato rund 130 000 Euro gekostet. Die oberbayerische Regierung fördert die Maßnahme großzügig: Von den anfänglich geschätzten knapp 100 000 Euro habe sie 84 Prozent getragen. Der Marktgemeinde-Chef hofft nun auf einen Nachschlag.

"Unser Kopfsteinpflaster ist zwar schön, aber leider auch unpraktisch", erklärt Kerle. Deshalb wurde der Straßenbelag am Marktplatz, an der Nerbstraße und dem Jörgerring im Bereich der Kreuzungen durch einen ein bis zwei Meter breiten Streifen bestehend aus quadratischen, flachen Pflastersteinen unterbrochen, die sich auch im Farbton deutlich von der Fahrspur unterscheiden. Diese Streifen sind zudem eingesäumt von rund zehn Zentimeter breiten, kleineren Steinplatten. Der glatte Belag soll Rollstuhlfahrern und eingeschränkt gehfähigen Menschen die Möglichkeit geben, sich problemlos durch das Ortszentrum zu bewegen, erläutert Kerle. Auch für diejenigen, die mit einem Rollator oder einem Kinderwagen unterwegs sind, haben es dank der neuen stolperfreien Streifen nun leichter.

Doch welchen Zweck hat die zusätzliche Umrandung? "Das ist ein Leitsystem für Sehbehinderte", erklärt Kerle, "diese Einfassung dient zur akustischen Orientierung." Sehbehinderte Menschen erkennen mit ihrem Blindenstock nicht nur Hindernisse, sondern achten auch auf den Klang, den das Hilfsmittel erzeugt. Das funktioniere ähnlich wie wenn man mit dem Auto auf den Mittel- oder Seitenstreifen einer Straße gerate, vergleicht der Bürgermeister. "Man hört sofort, dass man von der Spur abgekommen ist."

Auf dem Fußweg vom Jörgerring zum Bahnhof hat sich ebenfalls etwas verändert: Der recht steile Weg ist durch zwei Senken unterbrochen. "Damit tut man sich sowohl bergab wie bergauf etwas leichter", so Kerle. Er meint vornehmlich Begleitpersonen, die den Rollstuhl schieben. Denn dass es für einen unmotorisierten "Rolli" dennoch schwierig sein wird, das Gefälle - beziehungsweise die Steigung - problemlos zu bewältigen, räumt Kerle unumwunden ein. Aber: "Die Topografie können wir leider nicht ändern."

Auf dem Bahnsteig wurde zudem ein Leitsystem mit sogenannten "Rillen- und Noppensteinen" und "Aufmerksamkeitsfeldern" implementiert. Letztere sind deutlich heller als die Platten des Bahnsteigs und dienen der Orientierung. Die Rillensteine zeigen die Gehrichtung an, sie seien per Stock "fühlbar", haben ihm Experten versichert, berichtet Kerle. Gleiches gilt für die Noppensteine, die bei Richtungsverzweigungen eingebaut sind.

An dem Konzept hat eine Vielzahl von Fachleuten mitgewirkt, unter anderem Wolfgang Rettinger, der Behindertenbeauftragte des Landkreises Dachau, sowie dessen Aichacher Kollege Manfred Koppold, aber auch Christine Degenhart, die Präsidentin der Bayerischen Architektenkammer, die sich im oberbayerischen Bezirkstag um Fragen der Barrierefreiheit kümmert. Außerdem hat der Altomünsterer Gemeinderat und Behindertenbeauftragte Manfred Keller, selbst ein Rollstuhlfahrer, seine Expertise beigesteuert.

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