Sebastian Kellerer, Bayernpartei:Der lässige Rebell

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Sebastian Kellerer sieht sich nicht als Rechtsaußen. (Foto: privat)

Sebastian Kellerer will der Bayernpartei ein modernes Gesicht geben

Von Helmut Zeller, Dachau

Am Grab von Joseph Baumgartner in Sulzemoos, einem Wallfahrtsort der Bayernpartei, war ihr Bundestagskandidat Sebastian Kellerer noch nicht. Im Internet aber hat der 28 Jahre alte Dachauer es sich schon mal angeschaut. Er kennt natürlich die bittere Geschichte um den bayerischen Patrioten, den die CSU mehr als jeden anderen fürchtete. Baumgartner, Mitbegründer der CSU, ging 1948 zur Bayernpartei und führte sie mit einer Unterbrechung bis 1959 an. Die CSU trieb die Partei des stellvertretenden Ministerpräsidenten (1954 bis 1957) in der "Spielbankenaffäre" in die politische Bedeutungslosigkeit - der "Bepperl" erlitt mit 59 Jahren einen tödlichen Schlaganfall. Seitdem regiert die CSU unangefochten. An seinen Kampf für ein "freiheitliches, demokratisches und selbständiges Bayern" knüpft die Bayernpartei an.

Diese Geschichte ist für den Wirtschaftsmathematiker Sebastian Kellerer, seit 2013 Mitglied, nicht so entscheidend. Auch gehört er nicht zum traditionellen Flügel der Partei. "Ach, ihr wollt' doch den König wieder einführen", muss er sich auf der Straße anhören. Die Unwissenheit der Menschen ärgert ihn. Kellerer will der Partei ein modernes Gesicht geben: Dafür steht der rationale, eloquente und lässige junge Mann selbst. Man würde ihn zunächst eher vielleicht bei den Grünen vermuten, deren Engagement für den Umweltschutz er teilt. Die Unzufriedenheit mit den etablierten Parteien hat den 28-Jährigen in die Politik geführt. Er studierte fast alle Parteiprogramme und blieb an der FDP hängen. Die Sexismus-Vorwürfe gegen Rainer Brüderle stießen ihn jedoch ab. Aber warum ausgerechnet die Bayernpartei? Kellerer bezeichnet sich als einen Liberalen und Wertkonservativen - in dieser Reihenfolge. Man hat die Bayernpartei als "bayerische AfD" bezeichnet. Kellerer sagt, er könne nicht für jedes Mitglied sprechen, aber die Parteispitzen distanzierten sich deutlich von einer rechten Politik. Auch wenn er nicht zu Baumgartners Grab wallfahrtet - seinem Vermächtnis ist er verpflichtet, ein bayerischer Rebell, der ein freies, von Berlin unabhängiges Bayern in einem Europa der Regionen will. Deshalb wird die Bayernpartei nicht ernst genommen.

Doch sie verdoppelte bei der Europawahl auf 2,6 Prozent der Stimmen, Kellerer kam in Erdweg gar über fünf Prozent. Und jetzt München: Die Partei hat ihre Stadtratssitze durch Überläufer, zwei von der CSU, verfünffacht und wurde zweitstärkste Opposition. In ganz Bayern hat sie 6000 Mitglieder, im Wahlkreis sind es 105. Der Erzfeind bleibt die CSU. Sie sei zu stark mit wirtschaftlichen Interessen verflochten und vertrete nicht mehr die kleinen Leute. Mit zwei Prozent der Stimmen, sagt Kellerer, wäre er glücklich. Die Bundestagswahl ist für ihn der Probelauf für die Landtagswahl 2018. Darauf kommt es an.

© SZ vom 19.09.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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