Schwierige Integration:Man spricht Deutsch

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Der Zuzug von Familien vor allem aus EU-Staaten ist von den Grund- und Mittelschulen nur schwer zu bewältigen. Es fehlt an Lehrpersonal und Räumen für die Kinder. Eine Lösung sind Übergangsklassen

Von Susanne Schröder-Bergen, Dachau

Die Integration von Schülerinnen und Schülern ohne Deutschkenntnisse aus europäischen Mitgliedsstaaten entwickelt sich zu einem Problem vor allem an den Grund- und Mittelschulen des Landkreises. Denn nach Auskunft des Dachauer Schulamts als Aufsichtsbehörde fehlt es sowohl an Lehrern als auch an Räumlichkeiten an den Schulen. In den Landkreis sind in den vergangenen fünf Jahren 1167 Kinder und Jugendliche unter 16 aus dem Ausland eingereist. Nach der Statistik des Landratsamts Dachau stammen etwa zwei Drittel aus EU-Staaten, die hier mit ihren Familien leben wollen. 30 Prozent der Schüler, die nicht älter als 17 Jahre sind, stammen aus Ländern wie den USA. Vier Prozent sind Flüchtlinge. Die meisten von ihnen stellten sich auf einen längerfristigen Aufenthalt ein. Denn ihre Eltern seien meist fest angestellt.

Herausforderung für Schulen

Auf einer Diskussion mit dem Titel "Asyl was dann?" legte das Landratsamt kürzlich die aktuellen Zahlen über Wanderungsbewegungen und Zuzüge in den Landkreis offen. Dabei wurde deutlich, dass nicht die Flüchtlinge das zentrale Integrationsproblem darstellten, sondern Einwanderer aus EU-Staaten. Die meisten Kinder und Jugendlichen stammen demnach hauptsächlich aus ost- und südeuropäischen Ländern wie Rumänien, Polen, Kroatien und Ungarn. Sie könnten meistens kein Wort Deutsch. Sie seien allerdings, sofern sie mindestens sechs Jahre alt sind, in der Regel sofort schulpflichtig. Diese Vorgabe stellt sowohl Schüler als auch Schulen vor Herausforderungen. Wie Schulamtsdirektorin Agnes Brunner sagt, können die Erst- oder Zweitklässer ohne ausreichende Deutschkenntnisse meist noch in bestehende Klassen integriert werden.

Intensiver Deutschunterricht

Für alle anderen strebt sie sogenannte Übergangsklassen an, wie sie an den Grundschulen Dachau-Ost und Karlsfeld bestehen, sowie an den Mittelschulen in Haimhausen, Karlsfeld, Erdweg und Dachau-Ost. In Karlsfeld besteht derzeit die Überlegung, das Angebot weiter aufzustocken. Es fehlt aber ein Raum für eine weitere Grundschulklasse. Außerdem bräuchte es zusätzliche Lehrer. In Erdweg sei bereits eine zusätzliche Übergangsklasse eingerichtet worden, sagt Schulrätin Brunner. Der Grund: "Besonders um den Zeitraum um Pfingsten herum kommen viele neue Kinder dazu. Diese Tendenz sehen wir seit ein paar Jahren." In Übergangsklassen findet ein intensiver Deutschunterricht statt, an dem ausschließlich die ausländischen Kinder teilnehmen. Nur in Ausnahmefällen, so Brunner weiter, dürften Schüler ohne ausreichende Deutschkenntnisse in bestehende Regelklassen aufgenommen werden. Solche Maßnahmen brächten aber das Klassengefüge durcheinander, sodass Lehrer und Schüler wiederum besonders unterstützt werden müssen.

Schulamt, Schulen und Wohlfahrtsorganisationen haben bereits weitere Hilfsangebote aufgebaut. So berät Doris Radons von der Mittelschule Karlsfeld Kollegen im Landkreis. Sie ist speziell für Deutsch als Zweitsprache ausgebildet. Außerdem biete das Schulamt eine besondere Beratung an, wie Brunner mitteilt. Auch ehrenamtliches Engagement ist gefragt. Das Mehrgenerationenhaus der Awo Dachau organisiert unter der Leitung von Karin Ulrich Schülerpatenschaften zum Beispiel an der Klosterschule in der Dachauer Altstadt. Dabei können Ehrenamtliche einmal pro Woche zwei bis drei Stunden beim Unterricht helfen. Problematisch wird es für Jugendliche über 17 Jahren, da für sie die Schulpflicht nicht mehr gilt. In Ausnahmefällen werden sie in die Übergangsklassen der Mittelschulen aufgenommen.

Jugendkulturzentrum auf dem MD-Gelände

Auch der Kreisjugendring Dachau sorgt sich um die Zukunft der ausländischen Jugendlichen. Denn die Integration ist keine von den Schulen allein zu bewältigende Aufgabe. Deshalb plädiert der Grünen-Kreisrat und stellvertretende Geschäftsführer des Kreisjugendrings, Ludwig Gasteiger, für ein zentrales Jugendkulturzentrum. Dafür vorgesehen ist das ehemalige MD-Industriegelände in der Dachauer Altstadt. Entsprechende Anträge liegen dem Kreistag bereits vor.

© SZ vom 09.05.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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