Ganztag an Grundschule:Einspruch aus Schwabhausen

Kultusministerium möchte die Grundschule mit dem Modell eines offenen Ganztagszugs beschwichtigen. Dies jedoch lehnen Lehrer, Eltern und Gemeinde ab. Sie wollen ihren rhythmisierten Unterricht beibehalten.

Von Petra Schafflik, Schwabhausen

Die Offerte des Kultusministeriums, die Schwabhausener Grundschule zu einer Pilotschule für offene Ganztagsangebote zu nominieren, ruft in Schwabhausen nicht Freude, sondern heftigen Widerspruch hervor. "Wir sind entsetzt, das ist mit uns nicht abgesprochen", sagt Rektorin Nicola Lachner, die auch Elternbeirat, Lehrerkollegium und Gemeinde hinter sich weiß. Seit fünf Jahren führt die Schule so engagiert wie überzeugt einen gebundenen Ganztagszug. "Wir werden sicher nicht Pionier für die offene Ganztagsschule sein, wir finden dieses Konzept nicht gut", sagte die Schulleiterin. "Das will niemand", sekundiert Bürgermeister Josef Baumgartner (FW). Die Verärgerung in Schwabhausen kann der SPD-Landtagsabgeordnete Martin Güll, der auch dem Bildungsausschuss im Landtag vorsteht, gut nachvollziehen. "Die Konzepte von offener und gebundener Ganztagsschule sind nicht vergleichbar." Genau deshalb lehnt Schulleiterin Lachner den CSU-Vorschlag ab. "Wir springen nicht auf jedes Modell, das uns die Staatsregierung offeriert."

Ganztag an Grundschule: "Wir sind entsetzt, das ist mit uns nicht abgesprochen."

"Wir sind entsetzt, das ist mit uns nicht abgesprochen."

(Foto: Toni Heigl)

Auslöser für den Furor in Schwabhausen ist die Ankündigung des CSU-Landtagsabgeordneten Bernhard Seidenath, die Schwabhausener Grundschule werde Pilotschule für das neue Modell der offenen Ganztagsschule (OGS). Dieses Angebot ist offensichtlich als Kompromiss gedacht, nachdem die CSU-Mehrheit im Bildungsausschuss des Landtags vorige Woche eine Ausnahme für eine gebundene Ganztagsklasse in Schwabhausen abgelehnt hatte. Ausschussvorsitzender Martin Güll hatte sich vehement, aber vergeblich für die Schwabhausener Petition eingesetzt. Eine Sonderregelung wäre nötig gewesen, um trotz eines geburtenschwachen Jahrgangs den bestehenden Ganztagszug kontinuierlich weiterzuführen. Mit einer offenen Ganztagsklasse soll nun nach der Intention der CSU die Betreuung der angemeldeten Kinder gewährleistet werden. Eine offene Ganztagsschule bietet nach dem regulären Vormittagsunterricht Betreuung bis 16 Uhr. Dies kommt inhaltlich dem nahe, was Schulleiterin Lachner schon mit Bürgermeister Baumgartner als "Plan B" vereinbart hat: Nämlich eine Art verlängerte Mittagsbetreuung einzurichten für die Erstklässler, die nach dem Nein der CSU im Landtag nun keine Ganztagsklasse besuchen können.

Ganztag an Grundschule: Schulleiterin Nicola Lachner und Bürgermeister Josef Baumgartner (oben) wollen keine offene Ganztagsschule.

Schulleiterin Nicola Lachner und Bürgermeister Josef Baumgartner (oben) wollen keine offene Ganztagsschule.

(Foto: Toni Heigl)

Doch was als Notlösung akzeptabel erscheint, will Lachner keinesfalls als neues Konzept befördern. Auch Bildungsexperte Güll betont, dass die beiden Ganztagsmodelle "nicht austauschbar sind, das sind zwei ganz unterschiedliche Herangehensweisen". Die Eltern in Schwabhausen hätten bewusst auf die gebundene Ganztagsklasse gesetzt. Da könne man ihnen jetzt nicht die OGS als gleichwertiges Modell anbieten. "Die offene Ganztagsschule ist ein Sparmodell", betont Rektorin Lachner. Denn wo im gebundenen Ganztag der Schulalltag mit rhythmisiertem Unterricht und Freizeitphasen vor allem durch Lehrkräfte organisiert wird, werden in der OGS nachmittags ausschließlich schulfremde Kräfte eingesetzt. "Wir wollen Lehrer, nicht ungelerntes Personal im Ganztag", betont Lachner. Auch in der gebundenen Ganztagsschule bieten vereinzelt externe Mitarbeiter in Kleingruppen Aktivitäten an. Deshalb kennt Lachner die Schwächen: Diese Kräfte würden oft rasch wieder kündigen, sobald sie ein besseres Jobangebot finden. Auch übten Eltern Kritik, da diese Mitarbeiter nicht pädagogisch ausgebildet sein müssen. "Die Lehrerstunden sichern Qualität und Verlässlichkeit", sagt Lachner. "Die Förderung und Betreuung der Schüler durch Lehrkräfte ist einfach das A und O der Ganztagsschule."

Deshalb engagieren sich in Schwabhausen jetzt Eltern und Lehrer, um das bewährte Angebot der gebundenen Ganztagsklasse auch für das kommende Schuljahr in letzter Minute doch noch zu erreichen. "Uns fehlen noch zwei Schüler, wir schaffen das", ist Lachner optimistisch. Falls es nicht klappt, wird eine verlängerte Mittagsbetreuung anlaufen. Als Notlösung, nicht als Modellvorhaben. "Wir waren Pionier für die gebundene Ganztagsklasse, aber wir werden nicht Pilotschule für die OGS sein", sagt Lachner. "Kinder sind keine Manövriermasse."

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