Schwabhausen:Beim Geld hört die Freundschaft auf

Das Rote Kreuz kündigt die Verträge für den Betrieb der Kitas und behauptet, die Gemeinde frühzeitig vor dem Defizit gewarnt zu haben. Der Bürgermeister widerspricht.

Von Manuel Kronenberg, Schwabhausen

So wie es aussieht, haben sich die Gemeinde Schwabhausen und der Kreisverband Dachau des Bayerischen Roten Kreuzes (BRK) in einen vertrackten Streit verrannt. Schon seit längerer Zeit haben sie erhebliche Differenzen miteinander, wenn es um den Betrieb der drei Kindertagesstätten in Schwabhausen geht. Mittelpunkt dieser Auseinandersetzung sind die immensen Defizite, die seit dem Jahr 2012 beim Betrieb der Kitas anfallen. Wer übernimmt diese zusätzlichen Kosten? Auf diese Frage lässt sich die Auseinandersetzung grob herunterbrechen. Und weil sie für beide Seiten bisher nicht zufriedenstellend beantwortet werden konnte, kündigte das BRK vor wenigen Tagen die Betreiberverträge zum 31. August nächsten Jahres: Aufgrund der bestehenden Verträge sei ein wirtschaftlich erfolgreicher Betrieb nicht möglich.

Wie konnte es so weit kommen? Seit mehr als zwanzig Jahren betreibt das BRK den Kindergarten "Tschu-Tschu-Bahn" und den Kinderhort "Rappelkiste". Von Beginn an bestanden ungedeckelte Trägerverträge zwischen Gemeinde und BRK. Mit anderen Worten: Egal wie hoch das Defizit in einem Abrechnungsjahr ausfiel, die Gemeinde musste den Betrag komplett übernehmen. Nun ist es laut Bürgermeister Josef Baumgartner (Freie Wähler) eigentlich üblich, dass die Defizite gedeckelt werden. Damit würden unkalkulierbare finanzielle Risiken verhindert.

Die Abrechnung 2012 war ein Schock

Bis zum Jahr 2012 gab es für die Gemeinde jedoch keinen Anlass zur Sorge, dass es zu solchen unkalkulierbaren Kosten kommen könnte. Das Defizit habe sich immer im Rahmen von Null bis 40 000 Euro pro Jahr bewegt, sagt Baumgartner. Doch das änderte sich schnell, als das BRK der Gemeinde die Abrechnung für das Jahr 2012 vorlegte. "Das war ein großer Schock", sagt Baumgartner. Das Defizit bei Kindergarten, Hort und der 2011 eingerichteten Krippe hatte sich plötzlich verzehnfacht und belief sich auf knapp 300 000 Euro.

Die Gemeinde konnte die enorme Kostensteigerung nicht nachvollziehen. Die Zahlung wurde zurückgestellt, bis heute ist nicht klar, wer den Defizitausgleich übernimmt. Bernhard Seidenath, Vorsitzender des BRK-Kreisverbands, und Paul Polyfka, Kreisgeschäftsführer, begründen die Steigerung damit, dass der Hort ausgebaut, eine Krippe eingerichtet und andere Dienstleistungen erweitert wurden. Außerdem ist die Gemeinde laut Seidenath vorgewarnt worden.

"Das stimmt nicht", sagt Baumgartner dazu, es habe keine Warnung gegeben. Außerdem rechtfertigten die vom BRK genannten Gründe keine Kostensteigerung in einem solchen Ausmaß. Deshalb kündigte die Gemeinde die bestehenden Verträge und handelte mit dem BRK neue Bedingungen aus. Es kam zu einem gedeckelten Defizitvertrag, die Gemeinde übernahm beim Defizitausgleich fortan nur noch zehn Prozent der staatlichen und kommunalen Zuschüsse. Das endgültige Vertragswerk hat das BRK selbst entworfen. "Wir haben damals explizit nachgefragt, ob der wirtschaftliche und qualitativ angemessene Betrieb der Kitas weiter möglich ist", sagt Baumgartner. Das BRK habe versichert, dass der neue Vertrag keine Probleme machen werde.

Wenn der Preis sinkt, sinkt auch die Qualität

Doch offenbar ist das Gegenteil eingetreten. Das BRK kann die Kitas nicht weiter wirtschaftlich erfolgreich betreiben. Soll der bestehende Vertrag eingehalten werden, muss die Qualität der Betreuung deutlich herabgesetzt werden. "Die Gemeinde war in keiner Weise bereit, mit uns zu sprechen", echauffiert sich Seidenath. "Deshalb mussten wir nun die Notbremse ziehen und die Verträge kündigen." Die Gemeinde hatte zuvor darauf bestanden, dass die Verträge eingehalten werden. Schließlich seien sie erst vor zwei Jahren abgeschlossen und zudem vom BRK selbst vorgelegt worden, sagt Baumgartner.

Dass das BRK nun erst feststellt, dass es zu teuer wird, ist für den Bürgermeister nicht nachvollziehbar. BRK-Geschäftsführer Polyfka verteidigt sich: "Der neue Vertrag war eine starke Veränderung. Damit hatten wir keine Erfahrungen." Deshalb sei nicht voraussehbar gewesen, dass das BRK nun so viel Eigenmittel aufwenden müsse. "Das kann ich mir beim besten Willen nicht vorstellen", sagt Baumgartner. Bis zum 1. September 2016 muss nun ein neuer Träger gefunden werden.

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