Röhrmoos/Schönbrunn:Aufbruchstimmung in Schönbrunn

Franziskuswerk und Orden möchten den gesamten Ort nach den Prinzipien der Inklusion behinderter Menschen gestalten. An diesem Donnerstag fällt die Entscheidung über den Neubau der Neuhäusler-Schule

Von Wolfgang Eitler, Röhrmoos/Schönbrunn

Die Konversion von Schönbrunn gemäß der Behindertenrechtskonvention der Vereinten Nationen (UN) geht in die entscheidende Planungsphase: An diesem Donnerstag verhandelt der Gemeinderat Röhrmoos über einen Neubau der Johannes-Neuhäusler-Schule im Ortsteil Schönbrunn. Die gemeinnützige Franziskuswerk GmbH bereitet außerdem den international ausgeschriebenen Wettbewerb über die Ortsentwicklung vor, der noch im August beginnen soll.

Dazu gab Generaloberin Schwester Benigna Sirl das klare Signal. Die Sprecherin des Ordens der Franziskanerinnen, des alleinigen Gesellschafters des Franziskuswerks, hat im Gespräch mit der SZ erstmals in aller Deutlichkeit öffentlich angekündigt, dass sich Orden wie Unternehmen der Inklusion und der UN-Behindertenrechtskonvention in vollem Umfang verpflichtet fühlen. Der Bezirk Oberbayern als maßgeblicher Geldgeber des Franziskuswerks forciert die Bemühungen in Schönbrunn, weil auch alle anderen bayerischen Einrichtungen für behinderte Menschen die Inklusion bewältigen müssen. Bezirkstagspräsident Josef Mederer (CSU) spricht deshalb von einem "Pilotprojekt für den gesamten Freistaat".

"Es geht um die Würde des Menschen", sagt Generaloberin Benigna Sirl. Auch und vor allem in dem christlichen Sinne, dass jeder Mensch "das Recht hat, sich nach seinen Fähigkeiten und Möglichkeiten zu entwickeln". Dazu zählt sie die "Wunsch- und Wahlfreiheit" für die 700 geistig Behinderten, die in Schönbrunn wohnen. Sie müssten entscheiden dürfen, wo und wie sie leben. Die UN-Behindertenrechtskonvention, welche die Bundesrepublik vor einigen Jahren unterzeichnete, sieht vor, dass behinderte Menschen nicht nur in die Gesellschaft integriert werden. Vielmehr sollen sie nur noch in Ausnahmefällen in Einrichtungen wie Schönbrunn untergebracht werden. Markus Tolksdorf, Geschäftsführer des Franziskuswerks, rechnet damit, dass sich die Zahl der Bewohner in den Heimen und Wohnungen in Schönbrunn auf etwa 300 reduzieren wird. Deshalb steht Schönbrunn seiner Ansicht nach vor der Schicksalsfrage: Wird der Ort zu einem Dorf mit großem Leerstand? Oder kann es gelingen, Familien und Mitarbeiter des Franziskuswerks über attraktiven Wohnraum nach Schönbrunn zu locken? Gibt es also eine Chance, dass sich die Inklusion in Schönbrunn realisieren lässt? Tolksdorf, Generaloberin, Bezirkstagspräsident und der Dachauer Landrat Stefan Löwl halten die Idee eines Modelldorfs in Schönbrunn für so bestechend, dass sie einen gemeinsamen Beirat gegründet haben, der die Entwicklung der nächsten Jahre begleiten will.

An diesem Donnerstag, 30. Juli, ist zunächst der Gemeinderat von Röhrmoos gefordert. Franziskuswerk-Geschäftsführer Tolksdorf wird ihm Ziele und Verfahren des internationalen Wettbewerbs über die Ortsentwicklung von Schönbrunn vorstellen. Dieses Vorhaben tangiert die gesamte Gemeinde mit allen Ortsteilen. Denn neue Baugebiete in Schönbrunn, dazu die entsprechende Infrastruktur wirken sich auch auf die Pläne beispielsweise einer neuen Ortsmitte in Röhrmoos aus.

Ein erster entscheidender Baustein ist dabei der Neubau der Johannes-Neuhäusler-Schule in Schönbrunn. Das alte Gebäude zu sanieren kostet anscheinend mehr, als ein neues zu errichten. Der Gemeinderat muss dem neuen Standort zustimmen und einen vorhabenbezogenen Bebauungsplan aufstellen. Die Sitzung beginnt um 19.30 Uhr.

Bezirkstagspräsident Josef Mederer hätte sich für Schönbrunn im Sinne der Inklusion einen mutigeren und wegweisenderen Entwurf gewünscht. Seiner Ansicht nach hätte Schönbrunn in den Zweckverband der Mittelschulen von Markt Indersdorf bis Hebertshausen eingebunden werden müssen, um an einem geeigneten Standort eine echte Inklusionsschule zu errichten. Die Idee hatte Geschäftsführer Tolksdorf geteilt. So gab es Überlegungen, gemeinsam mit Hebertshausen eine Modellschule zu konzipieren. Die Versuche scheiterten daran, dass keine verbindlichen Vereinbarungen mit dem Kultusministerium gelangen. Mederer bringt nun eine neue Idee ins Spiel und schlägt vor, dass wenigstens die Gemeinde Röhrmoos und Schönbrunn gemeinsam eine Ganztagsschule errichten.

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