Reden wir über:Erste Makkabiade in Deutschland

Reden wir über: Klaus Schultz über die Beteiligung der Dachauer an den Spielen.

Klaus Schultz über die Beteiligung der Dachauer an den Spielen.

(Foto: oh)

Klaus Schultz über die Beteiligung der Dachauer an den Spielen

Interview von Julian Erbersdobler

Gerade läuft in Berlin die 14. Europäische Makkabiade: jüdische Spiele mit fast 2300 Athleten aus 38 Nationen. Die Wettkämpfe werden an jenem Ort ausgetragen, der 1936 Schauplatz der Olympischen Spiele der Nationalsozialisten war. "Wo die Nazis von einem judenfreien Europa träumten, lassen wir unseren jüdischen Traum Wirklichkeit werden", würdigte Josef Schuster, Präsident des Zentralrats der Juden in Deutschland das Ereignis. Am Rahmenprogramm der Veranstaltung ist auch die evangelische Versöhnungskirche in der KZ-Gedenkstätte Dachau beteiligt, die vor Ort von Klaus Schultz () vertreten wurde. Ein Gespräch mit dem Diakon über den besonderen Austragungsort und die integrativen Möglichkeiten des Sports.

SZ: Sie kommen gerade aus Berlin. Wie haben Sie die Spiele erlebt?

Klaus Schultz: Es war alles sehr familiär und offen. Natürlich geht es hier auch um den sportlichen Ehrgeiz, aber insgesamt war die Atmosphäre sehr gelöst. Die Spiele lassen sich wahrscheinlich am besten als faires Miteinander beschreiben.

Welche politische Dimension kommt der ersten Makkabiade in Deutschland zu?

Mit der Austragung in Berlin schließt sich ein Kreis: die ersten jüdischen Spiele nach 50 Jahren deutsch-israelischer Freundschaft, 70 Jahre nach der Shoah, an einem Ort, an dem Juden 1936 noch kategorisch ausgeschlossen und diffamiert wurden. In diesem Jahr konnten deren Enkel die Flamme entzünden und an den Spielen teilnehmen. Das ist schon eine tolle Entwicklung und zeigt, dass der jüdische Sport in der deutschen Gesellschaft angekommen ist.

Die Evangelische Versöhnungskirche war auch an der Gestaltung eines Programmpunktes der Makkabiade beteiligt. Wie kam es dazu?

Die Zusammenarbeit mit Makkabi Deutschland gibt es schon seit der Initiative "!Nie Wieder", die wir federführend betreuen. Es geht um den Erinnerungstag im deutschen Fußball, um eine würdige Gedenkkultur und ein klares Zeichen gegen Diskriminierung im Stadion.

In Berlin haben Sie dann gemeinsam eine Podiumsdiskussion organisiert.

Richtig, schwerpunktmäßig ging es um den polnischen Fußball und die Makkabi-Bewegung in der Blütezeit, das heißt: vor der Shoah. Es wurde noch einmal deutlich, was alles verloren gegangen und dadurch zerstört worden ist. Aber gleichzeitig kam auch die derzeitige positive Entwicklung der Makkabi-Bewegung deutlich zur Sprache.

Wie groß schätzen Sie die Möglichkeiten des Sports ein, Menschen zusammenzubringen?

Sport geschieht ohne Sprache. Man kommuniziert über das Spiel - die Regeln sind bekannt. Das ist das Besondere. Und deshalb bin ich auch der Meinung, dass Integration über den Sport immer noch der schnellste Weg ist. Die Makkabi-Spiele zeigen zudem sehr eindrucksvoll, dass das jüdische Leben ein Bestandteil unserer deutschen Lebenswirklichkeit geworden ist und inzwischen weit über die Begegnung in Gedenkstätten hinausgeht.

Die Makkabiade ist die größte internationale jüdische Sportveranstaltung und ähnlich wie die Olympischen Spiele konzipiert. Sie entstand während der Zionismusbewegung der 1930er Jahre aus der jüdischen Makkabi-Sportbewegung. In mehr als 60 Ländern vereint Makkabi heute rund 400 000 Mitglieder in 450 jüdischen Vereinen. In Deutschland existieren derzeit 37 Makkabi-Vereine mit etwa 4000 Sportlern. Zum ersten Mal wurde sie 1932 in Tel Aviv veranstaltet. Seit 1953 findet sie regelmäßig alle vier Jahre in Israel statt. Ebenfalls im Vier-Jahres-Rhythmus, jeweils zwei Jahre nach der Makkabiade in Israel, findet die Europäische Makkabiade statt. In diesem Jahr werden die Spiele in Berlin und damit zum ersten Mal in Deutschland ausgetragen. Der Kampf um Medaillen und Podiumsplätze in 19 Sportarten geht noch bis zum 5. August.

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