Puch Open Air:Noise Rock auf dem Schweinehügel

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Die Karten für die 29. Auflage des legendären Puch Open Air am Samstag sind fast ausverkauft. Auf die Besucher warten wieder zahlreiche Indie-Bands in oberbayerischer Woodstock-Atmosphäre

Von Marie Groppenbächer, Petershausen

Wer dabei sein will, sollte sich beeilen: Mitveranstalter Peter Wacha geht davon aus, dass das Puch Open Air bis zum Wochenende ausverkauft sein wird - wie schon im Jahr zuvor. Zum 29. Mal lockt die Veranstaltung an diesem Samstag, 14. Juli, Indie-Fans und Festivalbegeisterte aus nah und fern in das winzige Lueg bei Jetzendorf. Den Namen hat das Puch Open Air vom Puchbauern, in dessen Kiesgrube das Event 1989 zum ersten Mal ausgerichtet wurde. Zwei Jahre später wurde es dann aus Sorge um die benachbarten Bienenstöcke (und aus Sorge um die Besucher) auf den Hügel des Bauernhofes von Hubert Lehmair verlegt. Die Lehmairs gehören zu den Gründern und Veranstaltern des mittlerweile legendären Open Airs.

"Wir freuen uns jedes Jahr auf das Event", sagt Peter Wacha. In diesem Jahr fiebert er besonders dem Auftritt von The Notwist entgegen. Nach mehr als zehn Jahren treten die Musiker aus Weilheim erstmals wieder beim Puch Open Air auf. Peter Wacha findet die Band einfach sympathisch: "Obwohl sie durch die ganze Welt touren, sind sie trotzdem auf dem Boden geblieben." The Notwist sind eine der wichtigsten Indie-Bands in Deutschland und auch international sind sie längst bekannt. Nachdem sie im April unter anderem in Tokio, Hongkong und Peking gespielt haben, sind sie über den Sommer in Deutschland und ganz Europa unterwegs.

Schon ein Klassiker der deutschen Indie-Band-Szene sind "The Notwist". (Foto: Stephan Rumpf)

Gegründet hat sich die Band vor fast 30 Jahren, genauer gesagt 1989 in Weilheim in Oberbayern. Musikalisch liegen ihre Wurzeln im Hard Rock und Noise. In der Musikrichtung Noise werden klassische Elemente der Musik, der reine Ton oder Klang, weitgehend oder ganz durch Geräusche ersetzt. Schroff und lärmend begannen sie vor 29 Jahren ihre Gitarren zu schrammeln. Doch bereits ihr Debüt "The Notwist" ließ aufhorchen; schon früh findet sich bei Songs wie "The Incredible Change of Our Alien" das feine Gespür für die Balance von Melodie und Härte, die zum Markenzeichen für Notwist-Songs wurde. 2001 gelang ihnen der Meilenstein "Neon Golden", ihr bis heute wohl erfolgreichstes und zugänglichstes Album. Aus dem Stand landete es auf Platz zehn in den deutschen Albumcharts. Kurz nach Erscheinen tourten sie durch volle Hallen. Lieder wie "Pick Up The Phone", "This Room", "Consequence" oder "One with Freaks" umarmen den Hörer regelrecht.

Die harten Klänge der frühen Jahre scheinen Vergangenheit zu sein. Trotz der Metamorphosen, die "The Notwist" über die Jahre durchgemacht hat, erkennt man die Handschrift von Markus und Micha Acher in allen Songs wieder. Aktuell machen sie eher mit ihren Nebenprojekten von sich reden, pflegen ihr eigenes Label Alien Transistor und organisieren kurzerhand mit "Alien Disko" ihr eigenes neues Indoor-Festival. Doch auf dem Puch Open Air können sie sich mal wieder als "The Notwist" musikalisch austoben und die Menge in ihren Bann ziehen.

Die Rockband Suuns aus Montreal bringt internationales Flair nach Oberbayern. Auch sie sind ständig auf Tour, kurz vorher in Serbien, kurz nachher in Belgien. Umso schöner ist es, dass sie einen Zwischenstopp bei Petershausen einrichten können. Früher war die Musik der vier Kanadier beeinflusst von Künstlern wie Led Zeppelin, U2 und Bob Dylan. Das hielt eine Zeit lang an, bis sie die Pixies entdeckten. Aus Mainstream wurde Indie-Musik.

Ihr erstes Album "Zeroes Qc" erschien im Oktober 2010 und katapultierte die Band praktisch über Nacht auf die Titelseiten einschlägiger Musikmagazine. Im März diesen Jahres veröffentlichten die Musiker ihr viertes Album, "Felt", gespickt mit Postpunk-Elementen und elektronischer Partikel. Mit dröhnenden, schneidenden Gitarren, Basslawinen und Schlagzeugdonnern werden sie die Festivalbesucher nächsten Samstag sicher mit sich reißen.

Ebow kommt voraussichtlich mit Verstärkung: mit zwei Frauen aus Wien. Wer das ist, sei aber noch ein Geheimnis, so Peter Wacha. Die deutsche Rapperin mit türkischen Wurzeln lebt und studiert in Wien. Im November vergangenen Jahres erschien ihr Album "Komplexität" beim Wanda-Label Problembär Records. Ihre Lieder erzählen Geschichten von bröckelnden oder gescheiterten Beziehungen und ihrer Kindheit. Gesellschaftskritik bleibt dabei nicht aus, besonders in Liedern wie "Asyl", in dem sie über das Leben der Flüchtlinge in Deutschland rappt. Die Band der Festivalgründer Animal Crakers sind natürlich auch in diesem Jahr dabei - mit ihrem neuen Drei-Sekunden-Projekt.

Die Dachauer Lokalmatadoren vom "Elementals Wave Soundsystem". (Foto: Ralf Scheck / Elemental Wave)

Insgesamt erwartet Peter Wacha wieder einmal eine entspannte Atmosphäre und viele nette Leute, die sich auf der ehemaligen Schweineweide rundum wohl fühlen und die weißblaue Woodstock-Atmosphäre genießen. Auch kulinarisch wird einiges geboten: Der Cateringwagen auf drei Rädern "Herz und Schnauze" kredenzt libanesische Fladenbrote mit Falafel, Halloumi und Hummus und sorgt dafür, dass auch die Mägen der Vegetarier nicht anfangen zu knurren, während Bio-Metzger Peter Pichler sich mit seinem Grillstand um die Kalorienzufuhr für die übrigen Pogotänzer, Mitwipper und Luftgitarrenspieler kümmert. Das vielfältige Programm und die sorgfältige Organisation schrauben die Erwartungen hoch. Wenn jetzt noch das Wetter mitspielt, kann eigentlich nichts mehr schiefgehen. Ein Regencape sollte man trotzdem dabei haben, für alle Fälle.

© SZ vom 12.07.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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