Nach Attacke auf Dachauer Volksfest:Sechs Jahre Haft für Maßkrug-Schläger

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Der Angeklagte an einem Verhandlungstag Ende März. (Foto: dpa)

Ein leerer Maßkrug wiegt 1,3 Kilo - und kann schnell zur tödlichen Waffe werden. Ein 24-jähriger Dachauer hat auf sein Opfer mit zwei Bierkrügen eingeschlagen. Nun ist er wegen versuchten Totschlags verurteilt worden.

Von Andreas Salch, München/Dachau

Es braucht nicht viel, um einem Menschen mit einem Masskrug den Schädel einzuschlagen. Allein ein leerer Glaskrug wiegt immerhin schon 1,3 Kilogramm . Wird er mit fünf bis sechs Kilonewton beschleunigt, wird es gefährlich. "Diese Kraft kann locker aufgebaut werden," sagte die Sachverständige Elisabeth Mützel, vom Institut für Rechtsmedizin an der Ludwig-Maximilians-Universität München im Prozess gegen den 24-jährigen Dachauer Burak K. Ein mit dieser Wucht geführter Schlag, so Mützel, habe unweigerlich zur Folge, dass etwa der seitliche Schädelknochen bricht. Genau dort wurde auch Christoph L. am 9. August vergangenen Jahres auf dem Volksfest von einem Masskrug getroffen. Zugeschlagen hatte Burak K. Am Freitag verurteilte die Schwurgerichtskammer am Landgericht München II ihn dafür wegen versuchten Totschlags in Tateinheit mit gefährlicher Körperverletzung zu sechs Jahren Haft.

Der Angeklagte habe, als er auf sein Opfer mit zwei Bierkrügen nacheinander einschlug, damit gerechnet, dass er ihn töten könnte, sagte der Vorsitzende Richter bei der Urteilsbegründung. Der Kopf sei eine empfindliche Stelle, das wisse jeder, so der Richter. Ob jemand durch einen Schlag mit einem Masskrug auf den Kopf letztlich getötet wird oder nicht, sei Zufall.

Wie es zu der Auseinandersetzung kam

Auslöser für die Attacke war ein verbaler Streit zwischen Burak K. und einem Besucher des Volksfestes. Christoph L. gab an, er habe schlichten wollen. Doch tatsächlich gab es gar nichts zu schlichten. Das Gericht hatte deshalb den Eindruck, dass der 42-jährige L. "die Auseinandersetzung zu einem gewissen Grad auch gesucht hat."

Burak K. stand zum Zeitpunkt der Tat unter zweifacher offener Bewährung. In beiden Fällen ging es um gefährliche Körperverletzung. Bei der zweiten Verurteilung hatte das Amtsgericht Dachau bereits eine Freiheitsstrafe ohne Bewährung verhängt. Doch in der Berufungsverhandlung vor dem Landgericht München II wurde diese noch einmal zur Bewährung ausgesetzt. Das war vier Monate vor der Masskrug-Attacke. "Da haben Sie die in Sie gesetzten Erwartungen deutlich enttäuscht", sagte der Vorsitzende Richter bei der Urteilsbegründung.

Zweifelhafte Angaben zum Alkoholkonsum

Burak K. hat erst in der Untersuchungshaft seinen Hauptschulabschluss nachgemacht. Einen Beruf hat er nie gelernt. Mal arbeitete er bei seinem Vater, der einen Imbiss hat, mal als Türsteher. Sonst machte der 24-Jährige vor allem Party, nahm Drogen und trank Alkohol - glaubt man ihm - dann in rauen Mengen.

Dass dies zutrifft, daran hatte das Gericht seine Zweifel. An jenem 9. August vergangenen Jahres, will er bevor er aufs Volksfest ging, zu Hause einige Stamperl Schnaps, Jacky Cola, Dosen-Bier, sowie einige Gläser Wein getrunken haben. Bei seiner Festnahme hatte K. eine Blutalkoholkonzentration von 0,77 Promille. Zum Zeitpunkt der Tat dürfte er laut rechtsmedizinischem Gutachten einen Wert zwischen 1,14 Promille und maximal 1,46 Promille gehabt haben. Die von Burak K. behaupteten Mengen könnten niemals stimmen, sagte die Rechtsmedizinerin Elisabeth Mützel.

Wie das Strafmaß ausfällt

Auch wenn die Angaben des Angeklagten zu seinem Alkoholkonsum fraglich seien, so der Vorsitzende Richter, sei davon auszugehen, dass bei ihm ein Hang vorliegt, unter Einfluss von Alkohol Straftaten zu begehen. Denn in den beiden Fällen, die bereits zu einer Verurteilung des Dachauers geführt haben, war Alkohol mit im Spiel. Bevor Burak K. in einer Entziehungsanstalt untergebracht wird, muss er ein Jahr von seiner Strafe in einem Gefängnis absitzen.

Die Therapie sei nicht leicht, sagte der Vorsitzende Richter zu Burak K. und fügte hinzu: "Manche sagen, sie sei sogar härter, als die Haft. Sollten Ihre Angaben zum Alkoholkonsum nicht stimmten, werden Sie sich wundern." Hält der 24-Jährige die Therapie nicht durch, kommt er zurück in ein Gefängnis und muss dort den Rest seiner Haftstrafe verbüßen. Womöglich sogar bis zum letzten Tag. Denn bei Therapieabbrechern besteht die Gefahr, dass sie nicht wie andere Häftlinge damit rechnen dürfen, nach Verbüßung von zwei Dritteln ihrer Haftzeit auf Bewährung aus dem Gefängnis entlassen zu werden.

© SZ vom 11.04.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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