Prozess:Mutters Schmuck versetzt

Amtsgericht verurteilt 28-Jährigen zu Bewährungsstrafe

Von Benjamin Emonts, Dachau

Für eine Frau aus Bergkirchen waren es Schmuckstücke von ganz besonderem Wert, die sie im vergangenen Jahr bei der Dachauer Polizeiinspektion gestohlen gemeldet hatte - mitunter eine wertvolle Perlenkette ihrer verstorbenen Mutter und der Ehering ihres bereits gestorbenen Mannes. Den mutmaßlichen Täter kannte die Frau bereits, doch wusste sie nicht so recht, wie sie mit ihrem Wissen umgehen sollte. Erst nach einem vertraulichen Gespräch mit einer Polizeibeamtin nannte sie den Namen ihres psychisch erkrankten Adoptivsohns. Der 28-Jährige musste sich vor dem Amtsgericht Dachau nun wegen Diebstahls, Beleidigung, Bedrohung und Nötigung verantworten.

Die Lage der verwitweten Mutter war äußerst misslich. Vor Gericht macht sie unter Tränen deutlich, dass sie auf keinen Fall möchte, dass ihr Sohn ins Gefängnis oder in eine geschlossene psychiatrische Anstalt gesperrt wird. Auf der anderen Seite wollte sie den 9000 Euro teuren Schmuck, den ihr Sohn offenbar verkauft hatte, unbedingt zurück bekommen und dazu die Hilfe der Polizei in Anspruch nehmen. Der Sohn sollte außerdem merken, dass sein Handeln falsch war. Deshalb hatte man ihr bei der Polizei geraten, den Vorgang nicht einfach unter den Tisch fallen zu lassen.

Der kräftig gebaute Adoptivsohn leidet seit Jahren unter einer psychiatrischen Erkrankung. Ein Gutachten, das vor Gericht verlesen wird, bescheinigt ihm eine Persönlichkeitsstörung und eine geminderte Intelligenz. Sobald der Mann gereizt wird, neige er zu impulsiven Ausbrüchen.

In seiner psychiatrischen Unterbringung im Landkreis Dachau kamen diese Wesenszüge mehrfach zum Ausbruch. Er beleidigte eine Pflegekraft und hinderte sie daran, Hilfe zu holen, als die Frau verängstigt war und sich bedroht fühlte. In einer anderen Situation soll er damit gedroht haben, die Einrichtung anzuzünden und alle dort umzubringen. Der Mann räumt die Vorfälle über seinen Anwalt ein. Er hat sich damit der Bedrohung, Beleidigung und Nötigung strafbar gemacht.

In der Einrichtung hatte man zudem Quittungen eines Dachauer Goldschmieds über mehrere tausend Euro gefunden. Den Großteil des Schmucks hat der Angeklagte in dem Dachauer Geschäft veräußert, wie der Goldschmied als Zeuge bestätigt. Für die Frau bleibt der Schmuck verloren, weil er offenbar bereits eingeschmolzen wurde. Wegen seiner Erkrankung ist der Sohn nur vermindert schuldfähig. Amtsrichter Christian Calame verurteilt ihn zu sieben Monaten Haft auf Bewährung. Die 9000 Euro muss er seiner Mutter zurückerstatten. Außerdem muss er von seinem kleinen Taschengeld eine Geldauflage von 270 Euro entrichten.

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