Prozess:Gefährlicher Kampfhund oder nicht?

Einem Halter wird das Tier entzogen, dagegen zieht er vor Gericht. Bis entschieden ist, ob der Hund eine Bedrohung darstellt, darf dieser wieder zurück zu seinem Herrchen.

Von Andreas Salch

Aus Rosi wurde Wowi. Einfach so. Es wird schon keiner merken, muss sich ein Dachauer gedacht haben, der die Hündin in Österreich kaufte und in Wowi umbenannte. Das Tier ist hierzulande allerdings amtsbekannt. Sein früherer Besitzer hatte die Hündin aufgrund einer Anordnung der Stadt München abgeben müssen. Nach Überzeugung eines Sachverständigen handelt es sich bei Rosi um einen besonders gefährlichen Kampfhund der Rasse American Staffordshire Terrier. Im Amtsdeutsch ein Kategorie 1-Hund. Der neue Halter ist jedoch anderer Ansicht. Er behauptet, das Tier sei ein Weimeraner Bulldoggenmischling und gehöre somit lediglich der Kategorie 2 an. Was also nun?

Mit dieser Frage mussten sich die Richter der 22. Kammer am Verwaltungsgericht München am Donnerstag auseinandersetzen. Die Stadt Dachau hatte dem neuen Halter Ende Dezember vergangenen Jahres ein Haltungsverbot erteilt und ihm das Tier weggenommen. Dagegen erhob der Dachauer Klage. Zur Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht kam er indes nicht. Berufliche Verpflichtungen, sagte sein Rechtsanwalt Christian Bärnreuther auf Nachfrage von Richter Hans Haider. Sein Mandant arbeite bei einem großen Autokonzern und habe keine Zeit. Worauf der Vorsitzende erwiderte, dass er davon ausgehe, dass der Halter deshalb nicht erschienen ist, weil er sich "unangenehmen Fragen entziehen" wolle. Er habe doch angekündigt für die Hündin zu kämpfen, so der Vorsitzende. Brisant an dem Fall ist vor allem eines: Die Lebensgefährtin von Rosis/Wowis neuem Herrchen ist die Tochter des früheren Halters. In Wirklichkeit sei das Tier wohl wieder bei ihm, stellte Richter Haider fest. Zumindest sehe es so aus. Das sei "reine Trickserei."

Die Hundeverordnung in Bayern ist im Vergleich zu anderen Bundesländern besonders streng. Einen Kampfhund der Kategorie 1 halten darf nur, wer ein entsprechendes Gutachten vorlegen kann, dass das Tier nicht gefährlich ist. Für Rosi/Wowi liegt bislang kein wirklich unabhängiges und formal korrektes Gutachten vor.

Die Stadt Dachau hat in dem Verfahren beantragt, die Klage des Halters abzuweisen. Das Tier sei "vorsätzlich widerrechtlich nach Deutschland eingeführt" worden, sagte deren Vertreter. Außerdem sei die Lebensgefährtin des neuen Halters, "die einzige, die hinter der Hündin her ist." Zwischen ihr und Wowi bestehe eine "ernsthafte Liebe" bemerkte der Anwalt des Dachauers. Die Lebensgefährtin seines Mandanten pflege eine "innige Beziehung zu der Hündin."

Es folgte eine längere Debatte zwischen den Anwälten und dem Gericht, was nun mit Rosi/Wowi werden soll. Am Ende kam es auf Vorschlag des Gerichts zu einem Vergleich. Ergebnis: Der Dachauer bekommt die Hündin unter einer Vielzahl von Auflagen vorerst zurück. Ob er sie auch behalten darf, wird davon abhängen, wie ein Gutachter den Charakter des Tiers im Rahmen eines "Wesenstest" beurteilt. Mit dem Gutachten beauftragt wurde der Lehrstuhl für Tierschutz und Verhaltenskunde der Ludwig-Maximilians-Universität München.

Bis die Frage geklärt ist, ob von Rosi/Wowi eine "gesteigerte Aggressivität und Gefährlichkeit" ausgeht, darf ihr Halter die Hündin sogar ausführen. Jedoch nur mit "beißsicherem" Maulkorb und an einer höchstens zwei Meter langen Leine. Außerhalb bebauter Gebiete, wo der Freilauf von Hunden erlaubt ist, dürfe die Leine abgenommen werden, so die Richter. Nicht jedoch der Maulkorb.

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: