Polizei:Stiefkinder

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Die Beschäftigten der Dachauer Polizeiinspektion müssen vermutlich noch Jahre ihren Dienst in einem maroden Gebäude verrichten. Innenminister Herrmann sieht keine Chance auf eine Sanierung oder Neubau vor 2020

Von Rudi Kanamüller, Dachau

Das sind keine guten Nachrichten für die Beschäftigten der Dachauer Polizeiinspektion: Frühestens im Jahr 2020, schreibt Bayerns Innenminister Joachim Herrmann (CSU) in einem Brief an den SPD-Landtagsabgeordneten Martin Güll, sei nach der "aktuellen Haushaltslage" eine Baumaßnahme in Dachau möglich. Praktisch bedeutet das: Vor 2020 wird das marode Gebäude der Dachauer Polizeiinspektion weder saniert noch auf dem Gelände der Bereitschaftspolizei neu gebaut. Enttäuscht reagiert nicht nur der Dachauer SPD-Abgeordnete Martin Güll auf diese Hiobsbotschaft, sondern auch der Vorsitzende des Personalrats im Polizeipräsidium Oberbayern, Peter Schall, der die Zustände für die Beschäftigten als "unzumutbar" kritisiert.

Schall sagt: "Es wäre an der Zeit etwas zu tun. Denn die Sache brennt den Beschäftigten auf den Nägeln." Aus Sicht des Personalratsvorsitzenden wäre ein Neubau der Polizeiinspektion einer Sanierung vorzuziehen. Aber offenkundig lasse dies die aktuelle Haushaltslage nicht zu, zumal ein Neubau "schon einen Batzen Geld" kosten würde. "Wir ordnen uns dann halt unter", meint Schall. Weder die Pressestelle des Polizeipräsidiums Oberbayern Nord noch die Leitungsebene der Dachauer Polizeiinspektion wollten sich in der Angelegenheit äußern. Die Pressestelle in Ingolstadt verweist auf das Bayerische Innenministerium als zuständige Behörde.

In seiner Antwort auf die Anfrage Gülls gesteht Innenminister Herrmann die Sanierungsbedürftigkeit des Inspektionsgebäudes zu. Dies sei durch das zuständige Bauamt auch schon "baufachlich geprüft" worden. In einer von der "Immobilien Freistaat Bayern" am 17. April 2012 durchgeführten Wirtschaftlichkeitsberechnung seien die Kosten für eine Sanierung des derzeitigen Dienstgebäudes mit 2 790 000 Euro beziffert worden. Ein Neubau wurde auf 5 830 000 Euro veranschlagt. Dazu kämen nochmals 450 000 Euro an Sonderkosten - ohne die noch erforderliche Erweiterung des Dienstgebäudes durch mehr Personal. Herrmann: "Auch wenn man die zu erwartenden Einnahmen aus der Veräußerung des derzeitigen Grundstücks von circa zwei Millionen Euro dagegen rechnet, bleibt es dabei, dass ein Neubau gegenüber der Sanierung unwirtschaftlich ist." Die Immobilien Freistaat empfehle daher eine Sanierung. Sollte ein Neubau favorisiert werden, benötige das Innenministerium die Zustimmung des Finanzministeriums, da die Baumaßnahme "einen Gesamtbetrag von fünf Millionen Euro überschreitet".

Die Antwort des Innenministers kommt für den SPD-Politiker Güll nicht überraschend. Denn bereits in einer schriftlichen Anfrage des SPD-Abgeordneten Peter Paul Gantzer im Februar dieses Jahres sei weder die Sanierung noch ein Neubau der Dachauer Polizeiinspektion aufgelistet gewesen. Was Güll aber besonders ärgert: Die Haltung des Innenministers stehe in "deutlichem Widerspruch" zu einer Aussage des Dachauer CSU-Landtagsabgeordneten Bernhard Seidenath. Der CSU-Politiker hatte noch Anfang Juni in einer Pressemitteilung verkündet: "Ich bin zuversichtlich, dass nun bald eine Entscheidung für den Neubau und damit gegen eine Sanierung des PI-Gebäudes an der bisherigen Stelle fallen wird." "Jetzt aber", so Güll, "sieht die Lage ganz anders aus." Denn das Bayerische Staatsministerium der Finanzen für Landesentwicklung und Heimat gebe noch nicht geplante Baumaßnahmen erst frei, wenn die Finanzierung nachgewiesen werden könne. Güll folgert: "Da aber in Dachau noch keine Planung vorliegt, ist eine Umsetzung kurzfristig nicht möglich." Jetzt sei man auf dem Stand, dass nach fast fünfjähriger Diskussion um eine Renovierung oder einen Neubau "tatsächlich nichts vorwärts" gehe. "So kann man mit den Polizeibeamtinnen und Beamten nicht umgehen, die einen Anspruch darauf haben, dass sie ihren schwierigen Dienst in vernünftigen und zeitgemäßen Räumlichkeiten ausführen können", kritisiert Güll.

Der SPD-Parlamentarier fordert Herrmann auf, "jetzt endlich eine Entscheidung zu treffen und sich klar für einen Neubau im Gelände der Bereitschaftspolizei auszusprechen". Nach jetzigem Kenntnisstand, so Güll, werde ein Neubau zwar teurer und müsse vom Finanzministerium gesondert genehmigt werden. Er bringe aber "viele gute Synergieeffekte mit der Bereitschaftspolizei", die man unbedingt nutzen müsse.

© SZ vom 13.09.2014 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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