Petershausen:Neue Wohngruppe für Flüchtlinge

Landkreis und Kolpingwerk eröffnen eine betreute Einrichtung für zwölf unbegleitete Minderjährige

Von Christiane Bracht, Petershausen

Der Landkreis Dachau bereitet sich auf neue Flüchtlinge vor - Minderjährige vor allem, die allein nach Deutschland kommen und völlig hilflos in einer fremden Kultur Fuß fassen müssen. In Petershausen soll deshalb demnächst eine betreute Wohngruppe für zwölf Jugendliche eröffnen. Fünf derartige Einrichtungen gibt es bereits im Landkreis Dachau. Sie kümmern sich um etwa 60 Teenager, die allein aus den Kriegsgebieten dieser Welt geflohen und nun im Landkreis untergekommen sind. Nachdem die Neuankömmlinge in den vergangenen Monaten erst einmal in andere Bundesländer weitergeleitet worden sind, erwartet das Jugendamt demnächst wieder neue Zuweisungen. Wie viele kommen werden, könne man noch nicht sagen, erklärt Amtsleiterin Steffi Weinhold. Klar ist nur, dass die meisten wohl aus Syrien, Afghanistan, Somalia, Eritrea und dem Irak stammen werden.

Das Kolping-Bildungswerk Augsburg soll die Leitung der neuen Wohngruppe in Petershausen übernehmen. Der katholische Träger hat bereits entsprechende Erfahrungen. Er leitet schon eine etwas kleinere Wohngruppe in Odelzhausen und ist auch in Schwaben engagiert; deshalb hat das Jugendamt erneut das Kolpingwerk als Träger ausgewählt. Die Wohngruppe soll Anfang Mai eröffnen, erklärt Geschäftsführer Frank Jelitto. Die 15- bis 18-Jährigen, die dort unterkommen, sollen rund um die Uhr betreut werden und zwar 365 Tage im Jahr. Nachts ist nicht nur ein Bereitschaftsdienst vorgesehen, sondern ein Nachtdienst, der im Haus lebt und jederzeit ansprechbar ist, betont Jelitto. Vier bis fünf Pädagogen sollen die Aufgabe übernehmen. Die Stellen sind bereits ausgeschrieben. Die Genehmigung für die Umnutzung der Doppelhaushälfte für die Wohngruppe liegt vor. Der Umbau hat schon begonnen.

Nachbarn und einige Kommunalpolitiker sehen die Einrichtung jedoch mit Argwohn: Sie befürchten, dass mit den Fremden Kriminalität nach Petershausen kommt. "Es sind ganz normale Jungs, die kommen werden", beschwichtigt Jelitto die Ängste. "Keiner von ihnen ist verhaltensauffällig." Klar, die Jugendlichen hätten vieles erlebt in ihrer Heimat oder auf der Flucht, jeder habe sein Päckchen zu tragen, aber die Erfahrung lehre, dass sie sehr bemüht sind, sich zu integrieren, erklärt der Chef des Augsburger Kolpingwerks. Auch in anderen Kommunen habe es anfangs Ressentiments gegeben, weiß Jelitto. Aber man habe schnell gemerkt, dass es "nur halb so wild" sei. Mit Tagen der offenen Tür versucht das Kolpingwerk aufzuklären - auch in Petershausen ist das so geplant. Außerdem will man die Jugendlichen in den örtlichen Vereinen unterbringen, damit sie Kontakt mit den Petershausenern haben und Kultur und Sprache besser kennenlernen.

Viel mehr Schwierigkeiten haben die Pädagogen in der Einrichtung, denn die jungen Burschen kommen meist mit völlig überzogenen und unrealistischen Erwartungen. Sie wollen in zwei Wochen Deutsch lernen und dann einen Job, in dem sie eigenes Geld verdienen, wie Jelitto sind. Dabei seien viele von ihnen Analphabeten und hätten keine Ausbildung. Aber auch in dieser Frage verbieten sich Pauschalurteile: Unter den jugendlichen Flüchtlingen sind immer wieder gut ausgebildete Syrer aus Damaskus oder anderen großen Städten. Manche haben eine hohe Bleibeperspektive, andere müssen fürchten, dass sie bald wieder abgeschoben werden. Für die Betreuer sind allein schon die sehr unterschiedlichen Voraussetzungen unter den Jugendlichen eine Herausforderung. Ihre Aufgabe sei es, den jungen Leuten, die zumeist in einer Übergangsklasse auf der Berufsschule Deutsch lernten, bei den Hausaufgaben zu helfen, ihnen ein Gefühl für "preußisches Pflichtbewusstsein" einzuschärfen und ihnen die Voraussetzungen mit auf den Weg zu geben, damit sie sich sozial und beruflich zurecht finden könnten. Vor allem aber sollen die Teenager sprachlich fit gemacht werden, damit sie eine Ausbildung beginnen können.

Wichtigste Maxime des Kolpingwerks ist es, die Jugendlichen zur Selbständigkeit zu erziehen. Zwar unterstützen die Pädagogen sie im Asylverfahren und bei den Sorgen, die sie haben, wenn sie nicht wissen, wie es ihren Angehörigen geht. "Tätschelpädagogik hilft nicht", sagt aber Jelitto. Viele Bewerber für die Stellen hätten keine Erfahrung mit Flüchtlingen, deshalb sei es nicht so leicht, die richtigen Pädagogen für die Wohngruppe zu finden. Aber anders als noch vor einigen Monaten gebe es jetzt wieder Personal, das man sich aussuchen könne, sagt Jelitto.

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