Petershausen:Kirche vor dem Verfall

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Die denkmalgeschützte Kirche Mariä Geburt in Kollbach weist massive Schäden auf. Im kommenden Jahr soll die Sanierung beginnen. (Foto: Toni Heigl)

Feuchte Balken, marodes Turmdach, verschimmelte Wände: Die Kirche Mariä Geburt im Petershausener Ortsteil Kollbach ist massiv gefährdet. Weil das Gotteshaus der Gemeinde gehört, muss sie für die Sanierung aufkommen

Von Petra Schafflik, Petershausen

Die Liste der drängenden wie kostspieligen Vorhaben ist lang in Petershausen. Da kommt ein weiteres Großprojekt jetzt zur Unzeit: Die denkmalgeschützte Kirche Mariä Geburt in Kollbach weist massive Schäden auf, die den Erhalt des historisch wertvollen Gotteshauses gefährden. Doch eine umfassende Sanierung würde knapp 900 000 Euro kosten. Dieses aufrüttelnde Ergebnis der bautechnischen Untersuchung beschäftigte jetzt nicht die Kirchengemeinde, sondern den Bauausschuss des Gemeinderats. Denn Eigentümer der Frauenkirche ist die Kommune, während die Verfügungsgewalt über das geweihte Gebäude beim Pfarrverband liegt. Soll die Gemeinde ein Gotteshaus renovieren, das sie nicht nutzen kann? Und wo auch kirchliches Leben kaum stattfindet, weil Gottesdienste in Sankt Martin gefeiert werden, der zweiten Kirche in Kollbach? Am Ende der intensiven Debatte stand ein mehrstufiges Konzept: Grundlegende Sicherungsmaßnahmen sollen vorrangig erfolgen. Parallel werden Finanzierungsmöglichkeiten geklärt, die Pfarrei ins Boot geholt und auch die Bürger an der Entscheidung beteiligt.

Die Meinungen im Bauausschuss gingen weit auseinander: Schwer zu vertreten sei es, angesichts der vielen Probleme und Pflichtaufgaben der Gemeinde so viel Geld für ein Baudenkmal auszugeben, erklärte Margarete Scherbaum (FW). Sie forderte eine Bürgerbefragung, "denn das sind öffentliche Gelder". Doch wenn das Gebäude nicht saniert wird, könne man es nur verfallen lassen, erklärte CSU-Gemeinderat Josef Gerer, der in Kollbach lebt. Ein Abriss scheide wegen des Denkmalschutzes aus. Die Kirche würde zum Schandfleck auf Jahre, "wollen wir das?" Von der Pracht und Bildgewalt der Kirche schwärmte der Kollbacher FW-Gemeinderat Josef Mittl. Die Kirche verfallen zu lassen, "wäre eine Schande, der Verlust des Denkmals unwiederbringlich". Doch Wolfgang Stadler (SPD) erkannte massiven Gesprächsbedarf mit der Pfarrgemeinde über eine künftige Nutzung. Ein schönes, durchaus ortsbildprägendes Gebäude zu erhalten, das Baudenkmal ist, aber überhaupt nicht genutzt wird, "ist rausgeschmissenes Geld". Kontrovers diskutiert wurde, ob die Kirche entweiht werden könnte, um als dann säkulares Gebäude intensiver belebt zu werden. Tatsächlich wird die Kirche, die früher über längere Zeit Ziel einer Wallfahrt zur Gottesmutter war, derzeit nämlich so gut wie nicht genutzt. Dieses Gotteshaus werde nach Aussage von Pfarrer Peter Dietz definitiv auch nicht benötigt, berichtete Gerer. Weil das Gebäude aber eine geweihte Kirche ist, entscheidet die Pfarrei über die Nutzung. Das müsse sich ändern, fand Stadler (SPD). "Es kann nicht die Kirche bestimmen und die Gemeinde zahlt." Die rechtliche Situation um die 1288 wohl noch im romanischen Stil errichtete Frauenkirche, die 1675 umgebaut und barockisiert wurde, ist in der Tat ungewöhnlich. Das Gotteshaus, das heute auf der Denkmalliste steht, haben 1803 während der Säkularisation einige Kollbacher Bauern erworben, um es vor dem damals drohenden Abbruch zu retten. So geriet die Kirche in Gemeindebesitz. Als 1978 das zuvor eigenständige Dorf Kollbach eingemeindet wurde, kam die Frauenkirche dann ins Eigentum von Petershausen.

Diese historischen Hintergründe helfen dem Gemeinderat aber nicht aus seiner Zwickmühle, denn es besteht dringender Handlungsbedarf. Die Statiker, Restauratoren und Bauphysiker, die gemeinsam mit den Experten des Münchner Büros Schaffer Architekten die Bausubtanz untersucht haben, kommen zu einem ernüchternden Ergebnis: Am Dachtragwerk und Glockenstuhl sind Balken feucht, das Turmdach muss neu gedeckt werden, im Mauerwerk gibt es Risse, an den Innenwänden blättern Farbe und Putz wegen Schimmel, Algenbewuchs und aufsteigender Feuchte. Auch Altäre, Bilder, Kanzeln und Gestühl sind in Mitleidenschaft gezogen. In allen Holzelementen treibt zudem der als Holzwurm bekannte Schädling Anobium sein Unwesen.

Um den Verfall zu stoppen, müsste die Gemeinde 250 000 Euro für Sofortmaßnahmen aufwenden, weitere 600 000 würde danach eine umfassende Sanierung kosten. Summen, die Petershausen nicht aus der Portokasse bezahlen kann. Ob und mit welchem Anteil sich die Kirche beteiligen wird, darüber gebe es noch keine Aussage, sagte Bürgermeister Marcel Fath. Ziemlich sicher ist: Nach dem Vorbild der Renovierung von 1870 wird es wohl nicht laufen. Obwohl die Baulast bei der Gemeinde lag, hatte sich damals Pfarrer Matthias Schwarzbauer bereit erklärt, alle Rechnungen zu bezahlen. 60 Prozent der Kosten von 1453 Gulden kamen zu jener Zeit über Spenden herein, den Rest deckte der Seelsorger aus seinem Privatvermögen.

Für die aktuelle Sanierung muss wohl ein anderes Finanzierungskonzept her. Das Fachbüro soll deshalb eine Prioritätenliste der dringlichsten Maßnahmen erstellen, die 2016 durchgeführt werden sollen. Damit will der Gemeinderat Zeit gewinnen, um Gespräche mit der Kirche zu führen, Zuschüsse zu eruieren, Spenden einzuwerben und Bürger eventuell über einen Förderverein zu beteiligen. Eine offene Diskussion in der Bevölkerung soll geführt werden, betont Bürgermeister Marcel Fath. So bekomme der Gemeinderat die notwendige "Rückendeckung der Bürger".

© SZ vom 17.11.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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