Petershausen:Der Goldmacher

Petershausen: Arbers Vorname bedeutet "der aus allem Gold macht". Eine gute Voraussetzung für jemanden, der Wirtschaftswissenschaften studieren möchte.

Arbers Vorname bedeutet "der aus allem Gold macht". Eine gute Voraussetzung für jemanden, der Wirtschaftswissenschaften studieren möchte.

(Foto: Stephan Rumpf)

Der 17-jährige Gymnasiast Arber Beqiri aus Petershausen ist seit vergangenem Herbst Stipendiat von "Talent im Land". Das Programm unterstützt begabte Jugendliche, die wegen ihrer sozialen Herkunft benachteiligt sind

Von Jeannette oholi, Petershausen

Ein Onkel hatte Arber Beqiri die Ausschreibung von "Talent im Land" (TiL) einige Tage vor den Sommerferien im vergangenen Jahr weitergeleitet. Kurz entschlossen fertigte er den geforderten handschriftlichen Aufsatz an, in dem er seinen bisherigen Lebens- und Bildungsweg beschreiben sollte. Arber strich einiges durch, fügte Randnotizen hinzu. Da die Zeit drängte, schrieb er den Text nicht noch mal "sauber" ab, sondern schickte ihn so ab, wie er war. Rückblickend eine gute Entscheidung. Spiegelt die Form des Textes doch die Persönlichkeit von Arber wieder, dem es sehr wichtig ist, "im Leben authentisch rüber zu kommen". Seit September vergangenen Jahres ist Arber nun einer von 50 neu aufgenommen Schülern, die bis zu ihrem Abitur oder Fach-Abitur ein Stipendium von TiL bekommen.

Das Stipendienprogramm gibt es in Bayern und Baden-Württemberg. Vergangenes Jahr bewarben sich in Bayern 180 Schüler. Begabte Jugendliche sollen auf ihrem Weg zum Abitur unterstützt werden, die "aufgrund ihrer sozialen Herkunft Hürden zu überwinden haben", wie es auf der Homepage heißt. Die Unterstützung sieht ein finanzielles Stipendium vor und auch Zuschüsse für Klassenfahrten. Es gibt aber auch ein breites Begleitprogramm für die Jugendlichen, das aus Seminaren und Studienreisen besteht. Arber hat bereits an einem Auftakttreffen und einem Outdoor-Training in den Bergen, bei dem der Fokus auf Sozialkompetenzen lag, teilgenommen. Ein Opernprojekt führt die jungen Leute in die Welt der Arien ein und auf einer Studienreise in diesem Jahr sollen sie einen Einblick in den Bundestag bekommen. Bei einem Festakt in der Münchner Residenz wurden die 50 neuen Stipendiaten nun offiziell mit einer Urkunde in das Programm aufgenommen.

Viele der Stipendiaten oder ihre Familien haben eine Zuwanderungsgeschichte. So auch Arber. Im Jahr 1998, als die Spannungen im Kosovo immer mehr zunahmen, kam er dort zur Welt. Arbers Vater lebte zu dieser Zeit bereits in Karlsfeld. Die Mutter flüchtete mit dem erst zehn Tage alten Neugeborenen. Mit dem Bus ging es zwei Tage über Ungarn nach München. Die tägliche Angst um Familienangehörige, die sich noch im Kosovo befanden, als der Krieg ausbrach, habe er auch als Kleinkind gespürt. "Es war eine Leere zu Hause. Jeden Tag mussten wir mit einer Todesnachricht rechnen." Ein Onkel wurde im Krieg getötet, ein Schock, der die ganze Familie lähmte. Arber redet sehr respektvoll über seine Eltern, für die an erster Stelle immer die Kinder und ihre Zukunft kämen. Der 17-Jährige betont den starken Zusammenhalt der Familie, die nichts zu entzweien scheint. "Ich habe noch nie gesehen, dass eine Familie so gut zusammengehalten hat wie meine." Die Vergangenheit nimmt einen wichtigen Platz in Arbers Leben ein, aber er geht gleichzeitig mit großen Schritten seiner Zukunft entgegen. Im nächsten Jahr wird er sein Abitur machen.

Immer wieder leuchten Meldungen aus der Finanz- und Wirtschaftswelt auf seinem Smartphone auf. Er habe mehrere Apps installiert und Push-Nachrichten abonniert, um immer auf dem neuesten Stand zu sein, was Rohstoffe, die Börse und die internationale Wirtschaft angehe. Wenn Arber davon erzählt, leuchten seine Augen. Überhaupt lächelt er viel und strahlt Ausgeglichenheit aus. In der Zukunft möchte er "was mit Finanzen machen" und Wirtschaftswissenschaften studieren. Arber ist zielstrebig und weiß genau, was er will. Erfolg ist ihm wichtig. Dabei will er aber bodenständig bleiben. Er hat den Wert seines Vaters, "nicht zu vergessen, woher man kommt", verinnerlicht. Arber ist ein junger Mann mit Träumen und Zielen, für den aber an erster Stelle immer die Familie steht. Auch seine Freunde sind ihm sehr wichtig. "Meine besten Freunde kenne ich schon seit 16 Jahren." Seit 2002 wohnt Arber mit seinen Eltern und zwei Brüdern in Petershausen. In Zusammenarbeit mit der Volkshochschule veranstalten Arber und sein 16-jähriger Bruder Gesprächsrunden mit Asylsuchenden, die mit Gleichaltrigen sprechen wollen. Auf Deutsch wird dabei auch schon mal über DSDS diskutiert.

Das Stipendium bedeutet Arber sehr viel. Er kann sein Glück auch heute noch nicht fassen. Sein albanischer Name bedeutet übersetzt übrigens "Derjenige, der aus allem Gold macht". Ein passender Name für einen engagierten jungen Mann, der seine Zukunft in die Hand nimmt und auf seine Ziele hinarbeitet.

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