Abwasser:Ein Drittel des Odelzhausener Kanalnetzes ist verrottet

50 Jahre lang hat sich niemand um den Zustand der Abwasserrohre gekümmert. Jetzt müssen sie für mehr als zehn Millionen Euro saniert werden.

Von Benjamin Emonts, Odelzhausen

Ungefähr 50 Jahre lang, so schätzt der parteifreie Bürgermeister Markus Trinkl, wurden die Abwasserkanäle der Gemeinde Odelzhausen nicht überprüft. Erst vor fünf Jahren, noch unter seinem Vorgänger Konrad Brandmair (CSU), beauftragte die Gemeinde das Aichacher Ingenieurbüro Mayr mit einer Untersuchung des Kanalnetzes. Jetzt kam das böse Erwachen, als das Gutachten im Gemeinderat präsentierte wurde. Ein Drittel des insgesamt 53 Kilometer langen Kanalnetzes ist verrottet und muss saniert werden. Die Kosten belaufen sich nach ersten Schätzungen auf 10,3 Millionen Euro bis ins Jahr 2026. Ein gewaltiger Betrag, den die Odelzhausener Bürger über ihre Abwassergebühren tragen werden müssen.

Der Kostenvoranschlag in zweistelliger Millionenhöhe traf den seit 2014 amtierenden Bürgermeister Trinkl ebenso unvorbereitet wie die Odelzhausener Gemeinderäte. "Dass es einige Baustellen geben würde, war uns schon klar", sagte Trinkl nach der Bekanntgabe der Zahlen. "Aber mit diesen Dimensionen hat nun wirklich keiner gerechnet." Trinkl wird nun die Sondersitzung am 11. Oktober zum Thema Haushalt voraussichtlich um den Tagesordnungspunkt "Kanalsanierungen" erweitern. Er will die Gemeindebürger, wie er sagt, ganz offen darüber informieren, wo im Kanalnetz einzelne Leitungen saniert werden müssen und welche Kosten jeweils dafür anfallen. Im Jahr 2020, das kann Trinkl jetzt schon sagen, werden sich die Abwassergebühren für die Odelzhausener spürbar erhöhen. Zurzeit kostet der Kubikmeter Abwasser in Odelzhausen 2,89 Euro - ein im landkreisweiten Vergleich bereits überdurchschnittlich hoher Preis. Trinkl rechnet damit, dass er in vier Jahren um mindestens einen Euro pro Kubikmeter erhöht werden muss.

Es könnte noch teurer werden

Die Gemeinde geht kräftig in Vorkasse und blickt bange in die Zukunft: Bei den 10,3 Millionen handelt es sich nur um eine grobe Schätzung des Ingenieurbüros Mayr. In dessen Gutachten heißt es: "Insgesamt besteht noch ein erhebliches Kostenrisiko." Soll heißen: Es könnte noch teurer werden. Denn die Kosten für die Entsorgung belasteter Böden sind nicht berücksichtigt; und es kann noch viel mehr auf die Odelzhausener zukommen: neue Hausrevisionsschächte, Leitungen im privaten Bereich oder Wasserrohre, Gasleitungen und Stromkabel, die vielleicht umverlegt werden müssen. Die Kostenschätzung umfasst jetzt nur Ausgaben für neue Hausanschlussleitungen, das Öffnen und Schließen der betroffenen Straßen sowie die Reparatur und die Verlegung neuer Kanäle.

Zwei Drittel des Odelzhausener Kanalnetzes, das in den Sechziger- und Siebzigerjahren gebaut worden ist, sind laut Gutachten immerhin noch in Ordnung. Viele der Schäden sollen jedoch so schlimm sein, dass sie noch in den kommenden vier Jahren behoben werden müssen. Dafür muss die Gemeinde in diesem Zeitraum schätzungsweise 4,5 Millionen Euro zahlen. Allein im Hauptort Odelzhausen belaufen sich die kurzfristigen Investitionen bis 2020 auf 3,89 Millionen Euro. Betroffen sind die Hauptstraße, die Marktstraße, die Glonnstraße, die Gartenstraße, die Bergstraße und das Gewerbegebiet. Die Bürger müssen nicht nur mit höheren Abwassergebühren rechnen, sie werden auch Schmutz und Lärm durch die Bauarbeiten ertragen müssen. Auch in den Ortsteilen Ebertshausen, Hadersried, Taxa, Sittenbach und Roßbach besteht laut Gutachten "dringender Handlungsbedarf". Hinzu kommen mittelfristige Maßnahmen, die zwischen 2020 und 2026 umgesetzt werden sollen und ein geschätztes Investitionsvolumen von 5,7 Millionen Euro haben. Besonders erneuerungsbedürftig sind die Kanäle in Sixnitgern, Odelzhausen und Sittenbach.

Keine Schuldzuweisung

Bürgermeister Trinkl beruhigt aber auch: Wirtschaftlich betrachtet könne die Gemeinde die großen Investitionen stemmen, sagt er. Die mehr als vier Millionen Euro für kurzfristige Maßnahmen seien im Finanzplan bis 2019 bereits größtenteils eingestellt. Außerdem stehe die Gemeinde kurz davor, Gewerbeflächen gewinnbringend zu verkaufen. "Es muss sich keiner Sorgen machen, dass andere Investitionen jetzt geblockt oder gestoppt werden müssen", sagt Trinkl. "Uns geht es wirtschaftlich recht gut."

Der Bürgermeister sieht davon ab, seinen Vorgängern die Schuld für die nun anfallenden Kosten zuzuschieben. Vor 40 Jahren sei man das Ganze eben noch etwas lockerer angegangen. "Man hat teilweise etwas zu günstig und nicht ganz konform gebaut", erklärt Markus Trinkl. Zudem seien einige der maroden Kanäle von Privatleuten erbaut worden. Die Gemeinde will nun die Sanierung nachhaltig und gut ausführen, damit kommenden Generationen das gleiche böse Erwachen erspart bleibt. Aber weniger Kosten dürfen es schon sein: Trinkl lässt die Behörden prüfen, ob manche Sanierungsarbeit nach hinten verschoben oder günstiger werden könne. "Wir wollen einen vernünftigen, möglichst wirtschaftlichen Plan erarbeiten, damit die Bürger nicht zu stark belastet werden", sagt Trinkl.

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: