Odelzhausen:Ausgeschlossen

In Odelzhausen scheitert das Franziskuswerk mit dem Versuch, zwei Außenklassen mit geistig behinderten Kindern in den Neubau einer Grund- und Mittelschule einzubinden. Zweckverband beruft sich darauf, nicht zuständig zu sein

Von Wolfgang Eitler, Odelzhausen

Der geplante Neubau der Grund- und Mittelschule in Odelzhausen widerspricht der UN-Behindertenkonvention. Denn der Schulzweckverband der drei Gemeinden Odelzhausen, Pfaffenhofen und Sulzemoos verzichtet darauf, die zwölf geistig behinderten Kindern und Jugendlichen aus Odelzhausen zu integrieren. Die Monitoring-Stelle der Bundesregierung, die für die Einhaltung der Menschenrechte und damit auch der Rechte von Behinderten zuständig ist, teilte der SZ mit: "Es ist nicht sinnvoll und angesichts der Behindertenrechtskonvention auch rechtlich nicht haltbar, Schulen neu zu bauen, die dem Recht aller Kinder auf inklusive Bildung nicht gerecht werden."

Wie die gemeinnützige Franziskuswerk GmbH mitteilt, seien in den vergangenen sieben Jahren sämtliche Versuche gescheitert, an der Grund- und Mittelschule Odelzhausen Partnerklassen nach den Vorbildern in Bergkirchen, Hebertshausen oder Röhrmoos einzurichten. Auf diese Weise soll die Begegnung zwischen behinderten und nicht behinderten Schülern möglich werden. Nach Ansicht des Franziskuswerks ist den teils mehrfach behinderten Schülerinnen und Schülern in Odelzhausen nicht zuzumuten, täglich 40 Kilometer Schulweg nach und von Schönbrunn zurückzulegen.. Sie werden zurzeit in einer umfunktionierten Gewerbehalle in der Ortschaft Wagenhofen bei Odelzhausen unterrichtet.

Vor drei Jahren ergab sich die Chance, dort ausziehen zu können. Denn der Landkreis hatte den Bau einer Realschule direkt neben der Grund- und Mittelschule beschlossen. Das Franziskuswerk bekam ein eigenes Gebäude in der Nachbarschaft genehmigt. Als aber klar wurde, dass die Grund- und Mittelschule, in das die Realschule teilweise eingebunden werden sollte, neu gebaut werden muss, bat das Franziskuswerk darum, von vorneherein Partnerklassen der Johannes-Neuhäusler-Schule einzubinden. Daraufhin unterbreitete der Schulzweckverband einen Vorschlag, an den eine monatliche Pacht von 9000 Euro gebunden war. Eine Summe, welche die Regierung von Oberbayern ablehnte. Sie ist für die Schulen im Landkreis zuständig und bot dem Zweckverband nach Auskunft des Franziskuswerks ungefähr 4000 Euro an, was der ortsüblichen Quadratmeter-Miete von Wohnungen in Odelzhausen entsprochen hätte. Der Zweckverband lehnte ab. In Röhrmoos zahlt das Franziskuswerk für die Partnerklasse 780 Euro monatlich; in Hebertshausen 1400 Euro, in Bergkirchen 1000 Euro und Haimhausen 830 Euro. Die Pacht erklärt sich aus der rechtlichen Konstruktion des bayerischen Schulwesens. Da geistig behinderte Kinder einem eigenen Sprengel zugeordnet sind, gelten sie an den Regelschulen als Gastschüler. Der jeweilige Schulträger, in dem Fall das Franziskuswerk, muss entsprechende Gastbeiträge entrichten.

Pfaffenhofens Bürgermeister Helmut Zech (CSU) bestätigt als Vorsitzender des Schulzweckverbands die Darstellung des Franziskuswerks im Grundsatz. In der Stellungnahme an die SZ konzentriert er sich vor allem auf die seiner Ansicht nach enorme planerische und finanzielle Zwangslage, in der sich die Mitglieder des Zweckverbands befänden. Zech: "Eine anteilige Finanzierung durch den (für diesen Schultyp nicht zuständigen) Zweckverband" sei "jedoch für die beteiligten Gemeinden Odelzhausen, Pfaffenhofen a.d. Glonn und Sulzemoos finanziell nicht tragbar". Seine Begründung lautet: "Denn bereits der Neubau der Grund- und Mittelschule stellt eine erhebliche, langfristige Belastung für die gemeindlichen Haushalte dar." Die Finanzierung von Schulen und Klassenräumen für geistig behinderte Schüler falle außerdem nicht in die rechtliche Zuständigkeit einer Gemeinde. Dem Franziskuswerk verbleibt somit nur die Option eines eigenen Schulbaus in Odelzhausen. Pressesprecher Tobias Utters bedauert die Entscheidung und sagt: "Mit einem separaten Neubau ist die Möglichkeit einer echten gemeinsamen Schule für alle Kinder verbaut."

Die Monitoring-Stelle der Bundesregierung für Menschenrechte ist keine Behörde, die sich in die Verwaltung oder in die Planungen von Schulen einmischt. Sie wird dann aktiv, wenn Gerichtsverfahren von grundsätzliche Bedeutung für die Menschenrechte anstehen. Allerdings hat sie Richtlinien einer Bildungspolitik erarbeitet, die sich an den einschlägigen Passagen der UN-Behindertenkonvention orientieren. Das Leitziel lautet: "Das Recht auf inklusive Bildung im Sinne der Konvention ist als individuelles Recht aufgebaut." Inklusion bedeutet dabei, dass jedes Kind die wohnortnahe Regelschule besuchen darf. Sie müssten allerdings so ausgestattet werden, dass ein am jeweiligen Individuum orientiertes Lernen möglich wird. Dieser Anspruch indes ist in Bayern umstritten. So ist es dem Franziskuswerk nach eigenen Angaben nicht gelungen, ein solches Schulmodell für den anstehenden Neubau der Neuhäusler-Schule durchzusetzen. Erlaubt sind Partnerklassen.

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