Wenn die Seele leidet:Dachau bekommt Krisendienst für psychisch Kranke

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Das Angebot der Caritas startet am 1. Oktober.

Von Petra Schafflik, Dachau

Wer am Wochenende von der Leiter stürzt, aus heiterem Himmel das Bewusstsein verliert oder plötzlich von starken Schmerzen gequält wird, wählt die 112. Ein flächendeckendes Erste-Hilfe-System stellt über diesen Notruf sicher, dass Menschen mit körperlichen Erkrankungen überall und rasch ärztliche Hilfe erhalten. Doch wer eine seelische Krise erlebt, kann nicht überall auf rasche Unterstützung hoffen. Denn ein Notfallsystem für die besonderen therapeutischen Bedürfnisse von Menschen in einer seelischen Krise fehlt meist. Nur in München gibt es bisher einen spezialisierten "Krisendienst Psychiatrie", der telefonisch Hilfe und Orientierung in psychischen Notlagen anbietet. Nun soll dieses Angebot sukzessive auf Oberbayern ausgeweitet werden, bis 2018 in allen Regionen bereit stehen. In Dachau startet so ein Krisendienst bereits am 1. Oktober.

Der sozialpsychiatrische Dienst der Dachauer Caritas stellt dafür ein Team bereit, das unter einer zentralen Telefonnummer erreichbar sein wird. Ziel der Experten ist, in psychischen Krisen zu unterstützen und bei Bedarf weitergehende Hilfe zu organisieren. Schon seit 2007 gibt es in München den Krisendienst Psychiatrie, der unter einer zentralen Telefonnummer von 9 bis 24 Uhr erreichbar ist, an 365 Tagen im Jahr. Ein Angebot, das offenbar notwendig und sinnvoll ist, denn die Statistik weist jährlich bis zu 14 000 Anrufe aus.

Oft wurde mangels Anlaufstelle die Polizei gerufen

Auch für den Landkreis Dachau ist so eine zentrale Anlaufstelle sehr hilfreich, davon ist Andreas Miller überzeugt, der als Leiter des Sozialpsychiatrischen Dienstes der Caritas nun den neuen Krisendienst aufbaut und organisiert. Bisher wurde im Dachauer Land in akuten psychischen Notlagen von den Bürgern mangels fachlicher Anlaufstellen oft die Polizei gerufen. Doch eine gezielte Beratung in psychischen Krisen könnten die Beamten natürlich nicht leisten. Das neue, spezialisierte Angebot, wird, so erklärt Experte Miller, zielgenauer helfen und viele Einweisungen in die Psychiatrie vermeiden.

Was der Krisendienst im Landkreis konkret leisten wird, zeigt ein Blick auf das Münchner Vorbild: Wer eine persönliche psychologische, psychiatrische oder sozialpsychiatrische Beratung benötigt, erhält am Krisentelefon konkrete Empfehlungen für geeignete Hilfsangebote. In dringenden Fällen leiten die Fachleute sofort einen Einsatz in die Wege.

80 Prozent der Fälle lassen sich durch die telefonische Beratung klären

Und falls eine stationäre Behandlung notwendig ist, werden die Betroffenen an eine geeignete Krisen- oder Akutstation einer psychiatrischen Klinik vermittelt. "Aber aus der Erfahrung heraus lassen sich 80 Prozent der Fälle durch die telefonische Beratung klären", weiß Andreas Miller. In allen anderen Fällen wird auch im Landkreis Dachau ein Team mit zwei geschulten Fachkräften des Sozialpsychiatrischen Dienstes sofort zu den Betroffenen fahren.

Das neue Krisentelefon wird werktags von 9 bis 21 Uhr, am Wochenende von 13 bis 21 Uhr erreichbar sein. Langfristig wird eine "Rund-um-die-Uhr-Erreichbarkeit" angestrebt, sagt Miller. Tagsüber besetzen Caritas-Mitarbeiter des sozialpsychiatrischen Dienstes über einen Schichtplan das Krisentelefon, für den Abend- und Wochenenddienst wird ein zusätzliches Team aufgebaut. Weitere Informationen und auch die Notruf-Telefonnummer werden rechtzeitig zum Start des neuartigen Krisendienstes für den Landkreis bekanntgegeben.

© SZ vom 23.08.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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