Nach dem Hochwasser:Das große Aufräumen

Die Pegel an Flüssen und Bächen sinken. Das Hochwasser läuft ab, offenbart aber besonders in Günding und Gröbenried hohen Sachschaden. In Dachau und Karlsfeld bereitet der hohe Grundwasserstand noch Sorgen.

Von Walter Gierlich, Laszlo Dobos, Petra Schafflik, Gregor Schiegl und Philipp Kammerl

Nach dem Hochwasser: Zusätzlich zum Wasser gab es im Haus einen Schwelbrand. Der Gündinger Konstantin Schick, sein Sohn Arne und Nachbarin Tanja Banu räumen auf. Foto: Jørgensen

Zusätzlich zum Wasser gab es im Haus einen Schwelbrand. Der Gündinger Konstantin Schick, sein Sohn Arne und Nachbarin Tanja Banu räumen auf. Foto: Jørgensen

(Foto: © joergensen.com)

Tagelang war der Himmel grau in grau gewesen, und es regnete wie aus Kübeln. Doch am Dienstag gab es echte Lichtblicke: Erste blaue Stellen waren zu sehen. Passend zur Entspannung der Hochwasserlage an den Flüssen und Bächen. Noch allerdings hat vor allem der Süden des Landkreises mit dem hohen Grundwasserstand zu kämpfen, der dort viele Keller - besonders im schwer betroffenen Bergkirchener Ortsteil Neugünding - hat volllaufen lassen. "In den nächsten Tagen werden auch in den anderen Gemeinden des Landkreises noch vereinzelte Pumpeinsätze erwartet, wenn beispielsweise das Wasser in vollgelaufenen Kellern nicht sinkt", erklärt Kreisbrandmeister Maximilian Reimoser. Für eine Schlussbilanz über die Auswirkungen des Starkregens auf das Kreisgebiet ist es nach seiner Auskunft jetzt jedenfalls noch zu früh.

An der Messstelle im Karlsfelder Ortsteil Rothschwaige ist der Pegelstand des Grundwassers zwar von Montag auf Dienstag von 25 auf 32 Zentimeter unter Gelände gesunken. Er liegt damit aber immer noch um 60 bis 70 Zentimeter über dem Normalwert. So erstaunt es denn nicht, dass die Situation im Hotel Hubertus in der Rothschwaige sich recht dramatisch darstellte. Die Garagen und der Keller des Hotels liefen mit Wasser voll. Der Wasserpegel kam bedrohlich nah an den Hauptstromsicherungskasten. Kurz vor Mitternacht zum Montag wurde es so bedrohlich, dass die Hotelleitung die Feuerwehr alarmierte, die gegen 0.45 Uhr den Strom abstellte. Es folgten angespannte Stunden, in denen die Geschäftsführung die Evakuierung des Hotels erwog. Schließlich konnten die Gäste bleiben. Das Hotel war in der Einsatznacht komplett ausgebucht, laut Fabian Mühlbauer von der Hotelleitung hatten die Gäste Verständnis für den Stromausfall. Mühlbauer musste auch das Auspumpen des Kellers mit einem Beamten des Landratsamtes koordinieren, damit keine Chemikalien in den Boden gelangen. Um 4.30 Uhr gingen schließlich die Pumpen, betrieben von Notstromaggregaten, an. Der Strom wurde im Hotel erst am Montag um 19 Uhr wieder angeschaltet. Mühlbauer lobte den schnellen und ausdauernden Einsatz der Feuerwehrleute, besonders den des Elektrik-Spezialisten Andreas Hain: "Er war unser Retter in der Not."

Schlimm erwischt hatte es Bewohner von Neugünding, wo das Wasser der Maisach schnell herangeflutet ist und gleichzeitig das Grundwasser anstieg. "Das Auspumpen der Keller war dort teilweise ein Kampf gegen Windmühlen", sagt Bürgermeister Simon Landmann (CSU). Noch stärker betroffen war der Ortsteil Gröbenried, wo sogar das Erdgeschoss einiger Anwesen überflutet war. Dort hatte sich der Gröbenbach, der um 1900 reguliert worden war, "wieder sein altes Bachbett gesucht, wenn auch nur für einen Tag", hat Landmann beobachtet. Da der Wasserstand jetzt zurückgeht, wird die Gemeinde ihre Bürger bei der Schadensbeseitigung unterstützen und in den betroffenen Siedlungen Sperrmüllcontainer aufstellen. Auch wenn einzelne Häuser stärker in Mitleidenschaft gezogen wurden, hält sich der Sachschaden doch in Grenzen. Wohnbereiche seien kaum betroffen, "wir haben fast nur Kellerschäden", so Landmann. Um bei möglichen künftigen Überflutungen besser gerüstet zu sein, will die Gemeinde aber Vorsorge treffen. Denn am Sonntagnachmittag, als das Wasser kam, waren auf die Schnelle nicht genügend Pumpen verfügbar. "Wir werden 20 Hauspumpensets mit Kabel und Schlauch anschaffen, damit wir bei Bedarf künftig schnell helfen können", so Landmann. Probleme hat es in Günding mit vier beschädigten Öltanks in gefluteten Kellern gegeben. In einem Gebäude sind 3500 Liter Öl ausgelaufen, die von einer Fachfirma entsorgt wurden. In Altomünster und Unterweikertshofen pumpte das Technische Hilfswerk ölverschmutztes Wasser aus vollgelaufenen Kellern ab.

Die Maisach ist inzwischen wieder in ihr Bett zurückgekehrt, auch an der Glonn hat sich die Situation deutlich entspannt. In Petershausen waren nach Auskunft von Bürgermeister Günther Fuchs am Dienstag alle Straßen wieder befahrbar. Sperren bestehen aber noch in Dachau: Die durch den hohen Grundwasserstand geflutete Unterführung an der Augustenfelder Straße bleibt weiterhin komplett gesperrt. Weil die Stadt durch die starke Strömung Schäden am Bauwerk befürchtet, wurde auch die Fußgängerbrücke über die Amper beim Kraftwerk bis auf weiteres gesperrt.

Im Kraftwerk selbst hatten die Mitarbeiter alle Hände voll zu tun, das in großen Mengen angeschwemmte Holz aus dem Wasser zu fischen. Ein Teil des Amperwassers wurde am Kraftwerk vorbeigeleitet. Wie die Kläranlage die Wassermengen bewältigt, wird sich nach Auskunft von Vertriebsleiter Gernot von Natzmer erst mit einer Woche Verzögerung zeigen. In Karlsfeld arbeitet das Klärwerk schon an der Kapazitätsgrenze, das Wasser muss umgepumpt werden. Trotzdem: "Wir haben alles im Griff", sagt Walter Kinast, Leiter der Karlsfelder Gemeindewerke.

Sicherheitshalber musste dort ein Brunnen außer Betrieb genommen werden, nachdem von außen Wasser eingedrungen war. Derzeit wird er desinfiziert - eine reine Vorsichtsmaßnahme, wie Werksleiter Walter Kinast versichert. "Wir wissen nicht einmal, ob überhaupt Keime eingebracht wurden." Auf die Trinkwasserversorgung der Gemeinde hat der Ausfall noch keine Auswirkungen, obwohl auch der Brunnen IV wegen Sanierungsarbeiten derzeit nicht genutzt werden kann. "Wenn uns aber noch ein, zwei Brunnen fehlen würden, dann hätten wir ein Problem." Kinasts Leute arbeiten im Schichtdienst rund um die Uhr - auch in den vollgelaufenen Kellern der Bürger. "Wenn es in unserer Macht steht, helfen wir", sagt Kinast.

"Viel zu nass und viel zu kalt", lautet das Resümee von Kreisbäuerin Emmi Westermeier für das Wetter im Mai. Während die Kälte und der Regen der letzten Wochen bereits zu Wachstumsrückständen bei Kartoffeln, Zuckerrüben, Mais, Spargel und Erdbeeren geführt hatten, wurde die schwierige Lage des Gemüseanbaus durch das Hochwasser zusätzlich verschärft. Der hohe Grundwasserstand verhinderte vielerorts ein schnelles Abfließen des Wassers. Doch gerade darauf komme es jetzt an, sagte Westermeier. Lässt sich das Wasser zu viel Zeit, drohen die betroffenen Pflanzen zu verfaulen. Der Kreisvorsitzende des Bauernverbands, Anton Kreitmair, rechnet nach dem Hochwasser damit, dass bis zu einem Viertel der Ernte ausfallen wird.

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