Musikförderung:Ernüchterung nach dem Triumph

Musikförderung: Das Zentrum der Knabenkapelle in der Sudetenlandstraße in Dachau ist in die Jahre gekommen, wie dieses Foto von 2014 zeigt. Außerdem ist es zu klein.

Das Zentrum der Knabenkapelle in der Sudetenlandstraße in Dachau ist in die Jahre gekommen, wie dieses Foto von 2014 zeigt. Außerdem ist es zu klein.

(Foto: Niels P. Jørgensen)

Vom weltberühmten Montreux Jazz Festival ins heruntergekommene Vereinsheim: Die Bigband Dachau hofft auf die Stadt

Von Gregor Schiegl, Dachau

Zwei Monate lang hatten die 30 überwiegend noch sehr jungen Musiker der Bigband Dachau intensiv geprobt für ihren Auftritt auf dem weltberühmten Montreux Jazz Festival. Beim Konzert am Freitag gewannen sie nicht nur die Herzen der Zuschauer, sondern knüpften auch zahlreiche Kontakte zu anderen Musikern, etwa zu der hochtalentierten Mädchen-Band Sweethearts aus Australien, mit denen sie eines Tages vielleicht sogar mal zusammen auf Tour gehen. Es war "ein emotionales, sensationelles Ereignis", bilanziert Tilo Ederer, Vorsitzender der Knabenkapelle Dachau, unter deren Dach die Bigband vor knapp acht Jahren entstanden ist. Nun stehe die schwierige Aufgabe an, das erreichte Niveau zu halten oder sogar noch zu erhöhen. Doch die Rahmenbedingungen für den Verein sind schwierig.

Das Vereinsheim an der Sudetenlandstraße aus den Siebzigerjahren ist heruntergekommen, die Situation für Musikunterricht ist, gelinde gesagt, prekär. Es gibt nur einen Unterrichtsraum, drei müssen in der Grundschule Dachau Ost angemietet werden. Das hat in den vergangenen Jahren zwar immer irgendwie funktioniert. "Aber auf Dauer macht das keinen Spaß", sagt Tilo Ederer. "Wenn wir als Verein weiter existieren wollen, in dem sich Leute ehrenamtlich engagieren, brauchen wir mehr Unterstützung." Die gebe es seitens der Stadt durchaus, allerdings frisst der Unterhalt für das Gebäude den Großteil der Zuschüsse auf. "Für die Kulturarbeit bleibt fast nichts übrig." Eine Bestandsaufnahme, die übrigens in gleicher Weise für die Stadtkapelle Dachau gilt, die auch einmal Teil der Knabenkappelle war.

Nun hofft der Verein, dass die Stadt Dachau der Sanierung und Erweiterung des alten Musikheims zustimmt. Gegen die überarbeiteten Pläne gibt es im Stadtbauamt laut Ederer inzwischen keine Einwände mehr, am Dienstag, 25. Juli, werden sie auch im Kulturausschuss des Stadtrats vorgestellt. Die Baumaßnahmen werden voraussichtlich 2,2 bis 2,3 Millionen Euro kosten. Das ist eine Menge Geld, und Kultur zählt - anders als die Sportförderung - nicht zu den Pflichtaufgaben einer Kommune.

Ederer kann also nicht mit breiter Brust Forderungen aufstellen wie ein TSV-Vorsitzender. Er kann nur hoffen, dass die Stadträte erkennen, dass das Kulturleben besser gedeiht, wenn der Verein mehr Energie in die Kunst investieren kann und sie nicht so sehr ins Handling alltäglicher Organisationsprobleme stecken muss.

Der Erfolg der Bigband in Montreux ist dafür sicherlich sehr hilfreich: Die 30 Musiker traten nicht nur künstlerisch überzeugend auf, sie waren auch in ihrem Auftreten sehr sympathisch und eine großartige Werbung für die Stadt Dachau auf internationaler Bühne.

Aus dem Tourbus ging es für die Band am Samstag erst mal ins PUC, das Kulturzentrum Puchheim, wo sie gemeinsam mit Bigbands aus Italien und Spanien auftrat. Der Chef der Knabenkapelle ist begeistert, dass eine Stadt mit 20 000 Einwohnern so eine Einrichtung geschaffen hat. Auch die Dachauer Musikvereine bräuchten Proben- und Unterrichtsräume sowie einen Veranstaltungsort für etwa 500 Zuschauer. "Ich fürchte nur, Dachau schafft das nicht", sagt Ederer. Die MD-Industriebrache mitten in der Stadt böte sich eigentlich an für diesen Zweck, "aber dafür müsste man den Bebauungsplan noch einmal aufbrechen". Das will in der Stadt offenbar kaum einer, und Tilo Ederer hütet sich davor, den Kommunalpolitikern Ratschläge zu erteilen. Doch egal, wie sich die Stadträte letztlich entscheiden: "Um zukunftsfähig zu bleiben, brauchen wir mehr Investitionen."

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