Müllverbrennungsanlage als Energieversorger:Juristische Blockaden

Die Landkreise Dachau und Fürstenfeldbruck können die Müllverbrennung in Geiselbullach erst zu einem Energieversorger ausbauen, wenn sie einen Ausweg aus der Rechtslage finden. Die verbietet solche Unternehmen

Von Wolfgang Eitler, Dachau/Fürstenfeldbruck

Die bayerische Staatsregierung kann den Um- und Ausbau der Müllverbrennungsanlage in Geiselbullach zu einem regionalen Energieunternehmen erschweren oder erleichtern. Allerdings läuft sie Gefahr, sich mit dem bayerischen Gemeindetag und dem Städtetag anzulegen. Beide sehen es gar nicht gerne, dass Landkreise auf ihrem ureigenen, obendrein verfassungsrechtlich gesicherten Bereich der Energieversorgung mitmischen. Aber wie sollen Dachau und Fürstenfeldbruck die Zukunft der gemeinsamen Gesellschaft für Abfallbeseitigung (GfA) sonst gestalten?

Die strikte Antwort vom bayerischen Städtetag lautet: "Die Energieversorgung der Bevölkerung ist nach der Bayerischen Verfassung (Art. 141 Abs. 1, Satz 4 BV) eine Aufgabe der Gemeinden und ist daher grundsätzlich keine Landkreisaufgabe. An der Verfassungslage kann der Bayerische Städtetag nichts ändern und sieht auch keine Notwendigkeit für eine Änderung." Geschäftsführer Bernd Buckenhofer führt weiter aus: "Für den Fall, dass eine Aufgabe im Bereich der Energieerzeugung das Leistungsvermögen einzelner Gemeinden übersteigt, sind Lösungen in kommunaler Zusammenarbeit anzustreben. Sollte dies ausnahmsweise nicht gelingen, wäre der Landkreis gefragt."

Müllverbrennungsanlage als Energieversorger: Der Weg zum Energieversorger ist für die Müllverbrennung von Geiselbullach an der Amper noch voller Hürden und Hindernisse.

Der Weg zum Energieversorger ist für die Müllverbrennung von Geiselbullach an der Amper noch voller Hürden und Hindernisse.

(Foto: Niels P. Joergensen)

Mit anderen Worten: Die Landkreise sollen sich aus diesem Bereich heraushalten und sich darauf beschränken, dass sie für die Abfallbeseitigung zuständig sind. Die dabei entstandene überschüssige Energie können sie gerne nutzen, beispielsweise durch ein Fernwärmenetz. Aber ein echter Energieanbieter, der technisch in die Lage versetzt wird, den täglichen unterschiedlichen Energiebedarf über Kraftwerke ausgleichend zu steuern, bitte nicht. Eine Erklärung für die strikt ablehnende Position ergibt sich aus der lukrativen Konzessionsabgabe. Wenn Gemeinden ihr besonderes Recht zur Energieversorgung an Dritte abtreten - also beispielsweise an Konzerne wie Eon -, bekommen sie dafür Geld. Sehr viel Geld. Da geht es um Millionen.

Insofern bietet sich dem Dachauer Kreistag für die Diskussion am Freitag über die Zukunft der GfA folgende Konstellation: Rechtlich nach Verfassung und Kommunalrecht geht nichts. Sachlich aber, im Sinne einer vom Deutschen Bundestag beschlossenen Energiewende auch mit dezentralen Versorgungsunternehmen, erscheint der Ausbau einer Müllverbrennungsanlage wie in Geiselbullach als geradezu ideal und unbedingt wünschenswert.

Darauf hatte der Vorsitzende des Sachverständigenrats für die Umweltpolitik bei der Bundesregierung, Martin Faulstich, schon vor zwei Jahren bei einem Vortrag für den Verwaltungsrat der GfA abgehoben. Jetzt hat er im Auftrag der beiden Eigentümer, der Landkreise Fürstenfeldbruck und Dachau, diese Perspektiven als Optionen für alle 16 Müllverbrennungsanlagen in Bayern präzisiert. Geiselbullach soll in seinen Augen ein Modellprojekt als Beitrag zur Energiewende werden. Zugespitzt formuliert sagt GfA-Geschäftsführer Thomas König: "Dann könnte man sich eine der geplanten Stromtrassen sparen."

Martin Faulstich in München, 2011

Martin Faulstich stellt der GfA in Geiselbullach in seinem Gutachten eine gute Zukunft in Aussicht.

(Foto: Stephan Rumpf)

Fragt sich nur, ob der Kreistag in Dachau angesichts der eindeutig nachteiligen Rechtslage am Freitag, 27. Februar, 9 Uhr, eine Entscheidung treffen will. Außerdem hat es das gleiche Gremium in Fürstenfeldbruck bei einer Anhörung des Gutachtens von Martin Faulstich ohne weitere Diskussion belassen. Aus dem Dachauer Kreistag heißt es allerdings, dass ein definitiver Beschluss für einen Ausbau der GfA nötig ist, auch um ein eindeutiges Signal zur Staatsregierung zu senden. GfA-Geschäftsführer König deutet zudem an, dass er sich Chancen für das Unternehmen ausrechnet, um rechtliche Hürden zu umgehen. "Aber das ist Aufgabe der Politik." Möglich wäre ein Tochterunternehmen der GfA, an dem sich auch Stadtwerke oder Kommunen beteiligen können.

In eine ähnliche Richtung denkt das bayerische Innenministerium. Seiner Ansicht nach werden sich Städte- und Gemeindetag "mit Händen und Füßen dagegen wehren", dass Landkreise eigene Energieunternehmen aufbauen. Außerdem wäre ein solches Zugeständnis "systemwidrig". Landkreise generieren keine eigenen Einnahmen aus Steuern, sondern werden über die sogenannte Umlage finanziert. Das bedeutet, dass die jeweiligen Kommunen einen Teil ihrer Einnahmen aus der Einkommen- oder Gewerbesteuer weitergeben, damit Landkreise Straßen oder weiterführende Schulen wie Gymnasien bauen können. Zusammenfassend teilt das Innenministerium mit: "Würde man den Landkreisen ebenfalls eine Aufgabe der Energieversorgung zuweisen, würden diese neben gemeindliche Energieversorgungsunternehmen treten oder gar in Konkurrenz zu diesen tätig werden." Einen Ausweg böte vielleicht ein eigens zu gründender kommunaler Zweckverband, hieß es weiter. Denn Einkünfte aus Unternehmensbeteiligungen, wie an der Helios-Amperklinikum AG, sind erlaubt. Der Landtagsabgeordnete Bernhard Seidenath (CSU) kündigte der SZ an, sich in dieser Angelegenheit an das Innenministerium zu wenden.

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