Mitten in Dachau:Vom Grauen zum Blauen

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(Foto: Florian Göttler / Stadt Dachau)

Blau ist die neue Modefarbe - auch bei der Parküberwachung

Von Gregor Schiegl

Das bauchfreie Shirt, oh je, oh je, das war ein peinliches Accessoire, ebenso die auf Kniehöhe schlabbernden Baggy Pants. Beide sind glücklicherweise tief in der Mottenkiste pubertärer Geschmacksverirrungen verschwunden. Dafür sind nun Slim Jeans angesagt, die auf mitleiderregende Weise offenbaren, wie viele schlanke Menschen mit krummen Beine geschlagen sind. "Mode ist so unerträglich hässlich, dass wir sie alle Halbjahre ändern müssen", ätzte der irische Schriftsteller, Dandy und Ästhetizist Oscar Wilde schon im 19. Jahrhundert, und das gibt Hoffnung für dieses noch junge Jahr 2017. Wie es politisch wird, wissen wir nicht, wahrscheinlich schaurig bis furchtbar, modisch wird es aber garantiert kein schwarzes Jahr, sondern ein buntes und wohl vorwiegend blaues. Einschlägigen Mode-Internetportalen entnehmen wir, dass "Lapis Blue" dominierende Trendfarbe auf den Laufstegen sei.

Im Dachauer Rathaus scheint man ein feines Sensorium für den aus Paris und Mailand wehenden Zeitgeist zu haben. Die Mitarbeiter der kommunalen Verkehrsüberwachung Dachau wurden bereits Ende 2016 mit einer neuen Dienstkleidung für Sommer und Winter ausgestattet (Foto: Florian Göttler/Stadt Dachau), Communal Couture vom Feinsten könnte man sagen, very trendy und natürlich dunkelblau. Blau wirkt kalt, aber klar; bei der katholischen Kirche ist Blau die Farbe der Gottesmutter Maria und im Kampfsport Ausweis fortgeschrittener Umhau-Künste. Damit ist das Selbstverständnis des Dachauer Parkraumüberwachungswesens schon idealtypisch umrissen: 15 Euro, sonst gibt's was auf die Schnauze. Amen.

In der Pressemitteilung von Oberbürgermeister Florian Hartmann klingt der modische Relaunch nicht nach blauem Wunder, sondern nach kühl kalkuliertem Verwaltungsakt. "Das neue Erscheinungsbild der Außendienstmitarbeiter ist nun einheitlich und durch die Funktionalität der Materialien komfortabler." Die Mitarbeiter seien dadurch besser als Vertreter der Stadt Dachau erkennbar. In der Tat sieht man die durch die Altstadt schleichende Knöllchen-Gefahr nun früher drohen als weiland in den alten grauen Uniformen. Allerdings ist Dunkelblau als Warnfarbe immer noch reichlich dezent. Quietschrosa wäre bürgerfreundlicher, gerne auch mit Hut, aufgepflanzter Warnleuchte und Sirene. Manchmal muss man sich in der Mode auch mal richtig was trauen.

© SZ vom 07.01.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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