Mitten in Dachau:Stille in der Stadt

Auf Dachaus Straßen herrschen paradiesische Zustände für Autofahrer

Kolumne von Jacqueline Lang

Wo sind sie denn nur alle hin, fragen sich die wenigen Daheimgebliebenen. Wer zwischen den Jahren arbeiten muss, wird sich wundern und freuen, wie leer die Dachauer Straßen sind. Statt der verzweifelten Parkplatzsuche hat man nun die Qual der Wahl. Freie Parkplätze soweit das Auge reicht. Weil der erste und der zweite Weihnachtsfeiertag die reguläre Arbeitswoche sowieso schon um zwei Tage verkürzt haben, hat sich, wer kann, wohl gleich noch drei Urlaubstage, die sowieso längst überfällig sind, genommen oder ein paar Überstunden abgebaut. Und - schwupps - hat man mindestens zehn Tage am Stück frei. Wer es richtig clever angestellt hat, der muss sogar erst nach dem 6. Januar wieder ins Hamsterrad steigen.

Was aber macht man mit so viel freier Zeit? Zunächst einmal natürlich Weihnachten feiern, beziehungsweise essen bis man glaubt, zu platzen und sich am Ende in einem Meer von zerrissenem Geschenkpapier wiederfinden. Danach schnallen sich die einen die Skier an die Füße und heizen die Piste hoch und runter, die anderen besuchen mit Kind und Kegel die ferne Verwandtschaft. Fest steht: Jeder, der kann, verlässt in dieser Zeit die Stadt - und die Zurückgebliebenen können sich zumindest damit trösten, dass sie nicht stundenlang nach einem Parkplatz suchen müssen.

In diesem Jahr hat die geruhsame Zeit aber sogar schon kurz vor Weihnachten eingesetzt. Wo man hektisches Treiben und Massenpanik vermutet hätte, weil Weihnachten auf einen Sonntag fiel und damit nur einige wenige Geschäfte geöffnet hatten, sah man in der Dachauer Innenstadt nur vereinzelt verzweifelt herumirrende Menschen. Ansonsten ist es seit dem 23. Dezember erstaunlich ruhig in der Stadt. Woran mag das liegen? Ist es etwa möglich, dass all die guten Vorsätze, sich schon frühzeitig Gedanken über die Geschenke zu machen, in diesem Jahr endlich in die Tat umgesetzt wurden? Oder haben womöglich die Menschen dem übermäßigen Konsum entsagt, um sich auf das Wesentliche zu besinnen? Das darf an dieser Stelle wohl ernsthaft bezweifelt werden. Immerhin sind allein in der Weihnachtszeit knapp 95 Millionen Euro im Einzelhandel umgesetzt worden. Woran es also liegt, dass die Straßen in Dachau seit Samstag wie leer gefegt scheinen, weiß man nicht. Eines aber steht fest: Man sollte diese Tage nach dem Weihnachtsmarathon in einer leeren Stadt genießen denn schon Karl Valentin wusste: Wenn die stade Zeit vorbei ist, wird's ruhiger - zumindest bis die Straßen sich wieder füllen.

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