Mitten in Ludwigsfeld:Warten auf die Pferde

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Wie überall sprießen auch in der Siedlung unmittelbar an der Karlsfelder Gemeindegrenze die Neubauten aus dem Boden. Vielleicht ist dort aber auch bald das Klappern von Hufen zu hören

Von SIMON SCHRAMM

Noch gleicht das Gelände des Gestüts Ludwigsfeld einer Einöde. Pferde galoppieren dort derzeit nicht, der alte Hof steht leer, das Dach ist zum Teil schwarz. "Das wurde grob geflickt, als es reingeregnet hat", sagt Ina Johann, die hier im Viertel wohnt. Aber sie entdeckt Hinweise, dass sich auf dem Areal etwas bewegt: Bauschutt und abgeholzte Stämme liegen aufgeräumt im Hof. "Ein Herr aus der Lerchenau hat das Gelände erworben." Der neue Eigentümer wolle das Gestüt neu aufbauen, aber die Stadt München verwehre ihm noch eine Genehmigung. Ina Johann ist dennoch begeistert. "Das Gestüt gehört zur Geschichte Ludwigsfelds. Vielleicht entstehen dort auch neue Wohnungen."

Ludwigsfeld ist ein versteckter Fleck im Münchner Nordwesten, eingerahmt vom Rangierbahnhof, Gärtnereien, der A99 - und Karlsfeld; die Kolonie entstand 1802 im Auftrag des Kurfürsten Max Joseph und wurde nach seinem Sohn Ludwig benannt. Ende des neunzehnten Jahrhunderts kam das Gestüt dazu. Nicht weit entfernt vom Hof befindet sich Ina Johanns Arbeitsplatz: Das Haus vom "Heiligen Vinzenz von Paul", in dem derzeit zwölf obdachlose Männer leben. Das Prinzip der Einrichtung ist schnell erklärt. "Wir sind wie eine Wohngemeinschaft", sagt Ina Johann. "Jeder hat eine Fähigkeit, und jeder macht irgendwie mit." 1982 folgte Ina Johann einem "inneren Ruf" und wurde Mallersdorfer Franziskanerin. Seitdem hilft sie Menschen: Erst als Krankenschwester in Rheinland-Pfalz, seit 1998 in Ludwigsfeld.

Das Mini-Viertel Ludwigsfeld gruppiert sich um eine Straße, Auf den Schrederwiesen heißt sie. "Das war früher die Dachauer Straße", weiß Ina Johann, 60 Jahre alt. Sie schätzt die Stimmung hier. "Ludwigsfeld gehört noch zur Stadt München, aber ist schon sehr ländlich." Wälder, Badeseen und ruhige Orte zum Krafttanken sind nah. Einzig der Verkehr stört Schwester Ina. Wohnwagen und Lkw parken die Straße zu. Wie überall sprießen auch in Ludwigsfeld die Neubauten aus dem Boden; in der Hauptstraße reihen sich Baustellen an uralten Bauernhöfen. Selbst der letzte noch freie Fleck wird bald bebaut: "Wink mit dem Bauzaun" steht auf dem Werbeschild für das neue Wohngebäude.

© SZ vom 18.05.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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