Mitten in Kleinpolen:Internationale Schwierigkeiten

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Städtepartnerschaften sind eine schöne Sache, aber für den Normalbürger kann der Austausch ganz schön ins Geld gehen. Auch die Direktflüge könnten die Beziehung erleichtern

Von Helmut Zeller

Städtepartnerschaften, so wichtig sie sein mögen, sind leider nicht selten Totgeburten. Dachaus OB Hartmann hatte allerdings eine zündende Idee: Ein "Kulturbus", beladen mit Bürgern, fährt am Montag ins italienische Fondi und bringt Leben in die Freundschaft. Ganz anders dagegen die Partnerschaft des Landkreises mit dem Landkreis Oświęcim in der Woiwodschaft Kleinpolen um die Hauptstadt Krakau.

Zehn Tage war die Partnerschaftsurkunde alt, als auf die Prositstimmung der Kommunalpolitiker im Dachauer Bierzelt sich schon Katerstimmung breitmachte. Zumindest bei zwei Dachauern, die frohgemut zu einem Zwei-Tage-Trip aufgebrochen waren, um den neuen Freunden ihre Reverenz zu erweisen. Kommunale Partnerschaften leben doch vom Austausch der Normalbürger. Aber das stellt die Politik sich zu einfach vor: Nicht nur sind die Tickets für einen Direktflug zur Völkerverständigung unverschämt teuer, jedenfalls für den Normalbürger, der nicht auf Steuergeld reist. Nun kann daran Landrat Löwl nichts ändern, auch wenn er in der Lufthansa-Chefetage gern vorsprechen dürfte - man möge bitte Dachaus Versöhnungsstreben nicht durch schnödes Profitinteresse behindern. Es gibt aber auch die Billigflugvariante über Wien. Die zwei Dachauer standen also friedlich gestimmt im Flughafen Krakau - eine Baustelle wie Karlsfelds Mitte; man stellt sich wohl schon auf den Dachauer Ansturm ein. Nur, die Koffer waren nicht da und trafen erst nach vielen Stunden ein. So vertraut ist man noch nicht, dass man um Mitternacht den neuen Freunden ins Haus fallen will; schon gar nicht ungewaschen und in zerknitterten Klamotten. Kurz gesagt: null Austausch; denn anderntags wagten die entnervten Dachauer vor dem Rückflug die Fahrt in die 50 Kilometer entfernte Stadt Oświęcim nicht mehr. Dass sie dann im Flughafen München erneut vor dem leeren Gepäckband stundenlang auf ihre Koffer warten mussten, ist eine andere Geschichte. Die zwei hätten natürlich mit dem Zug über Prag reisen können, die Koffer mit den Gastgeschenken immer in Sichtweite. In der Bayerischen Repräsentanz, "ein Ort des Dialogs", in Prag ist übrigens noch kein Schaufenster Dachaus in Sicht, das ein CSU-Politiker vor acht Monaten angekündigt hat. Richtig gut funktionieren die internationalen Beziehungen des Landkreises eben nur im Dachauer Bierzelt.

© SZ vom 27.08.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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