Mitten in Karlsfeld:Stau am Grüncontainer

Wer behauptet, Karlsfeld wäre keine Gartenstadt, sollte in diesen Tagen mal den Wertstoffhof in der Rothschwaige besuchen

Von Walter Gierlich

Der erste Eindruck eines Ortes kann bisweilen arg trügerisch sein. Wer hat nicht schon erlebt, dass er bei der Zugfahrt in ein von allen Reiseführern als romantisch und traumhaft schönes Ziel gepriesenes Fachwerkstädtchen kurz vor dem Bahnhof das Gefühl hatte, in einer Industrielandschaft gelandet zu sein, die ihre beste Zeit schon lange hinter sich hat. Viel schöner ist es meist auch für den nicht, der dorthin mit dem Auto anreist. Nur dass er statt Fabrikruinen Gebrauchtwagenhändler und Supermärkte in schuppenartiger Einheitsarchitektur sieht.

Was das jetzt mit Karlsfeld zu tun hat? Nun, auf den ersten Blick erst einmal nichts. Denn kein Touristen-Guide wird den Ort zum Traumziel für Romantiker oder Architekturliebhaber ernennen. Aber auch hier trügt der Schein. Und so dürften Zehntausende Landkreisbürger, die sich allmorgendlich auf zwei Fahrspuren im Schritttempo in Richtung Landeshauptstadt durch die 20 000-Einwohner-Gemeinde bewegen und abends den Ort in der Gegenrichtung quälend langsam durchqueren, kaum ahnen, dass sich hinter Tankstellen, Riesenwohnblöcken, Parkhäusern und anderen Bausünden entlang der Münchner Straße tatsächlich eine echte Gartenstadt mit viel Grün befindet.

Wer das partout nicht glauben mag, dem sei jetzt im Herbst ein Besuch auf dem großen Wertstoffhof im Ortsteil Rothschwaige empfohlen. Egal an welchem Tag und zu welcher Uhrzeit man sich einfindet: Die Karlsfelder Gartler sind schon da und laden welke Blätter, den letzten Rasenschnitt dieses Jahres oder allerlei Äste und Zweige der für den Winter getrimmten Ziergehölze aus den Kofferräumen ihrer Autos oder von Anhängern. Die Behälter für die Grünabfälle quellen über, blockieren die halbe Durchfahrt und sorgen dafür, dass die Bürger nicht nur auf dem Weg in die Arbeit auf der B 304 im Stau stehen, sondern auch in ihrer Freizeit. Zumindest dann, wenn sie sich im Herbst als Hobbygärtner betätigen.

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