Mitten in Karlsfeld:Nur der Nikolaus, sonst nichts

Der Karlsfelder Gemeinderat Johann Willibald möchte seine Heimatgemeinde zur "zipfelmützenfreien Zone" erklären und dem Weihnachtsmann Hausverbot erteilen

Von Gregor Schiegl

Hohoho, es dschingelbellt wieder sehr. Um Balkongeländer windet sich blinkender Lichterkitsch, Autofahrer tunen ihre Fahrzeuge mit Rentiernase und Plüschgeweih, und in den Regalen reihen sich die Schoko-Weihnachtsmänner wie die Terrakotta-Krieger von Xian. In Karlsfeld hat die Schoko-Division in schimmernder Rüstung allerdings einen mächtigen Gegner gefunden. Der Karlsfelder CSU-Gemeinderat Johann Willibald denkt über eine "zipfelmützenfreie Zone" für seine Heimatgemeinde nach. Die örtlichen Geschäfte sollten dem Weihnachtsmann Hausverbot erteilen und dafür Schoko-Nikoläuse einrücken lassen, erkennbar an Bischofsmütze, Mantel und Stab.

Nun ließe sich leicht spotten, ob da nicht einer der vermeintlichen Verzipfelung des Bayernlands das Wort redet, ob jetzt als nächstes der Bannspruch gegen Gartenzwerge droht oder ein Sendeverbot für das Sandmännchen; wenn es um die große CSU geht, ist man schon allerhand bizarre Feindbildung gewohnt, Stichwort "fußballspielende, ministrierende Senegalesen". Aber nun ist gerade die CSU in der Einwanderergemeinde Karlsfeld kulturell sehr offen, zum anderen haben Willibalds Erwägungen nicht das Geringste mit seinen politischen Ämtern zu tun. Vielmehr wurzeln sie in seinem Engagement für christliche Brauchtumspflege. 17 Termine absolviert Willibald als Nikolaus in diesem Jahr, und wie ernst er seine Rolle als Nachfolger des Bischofs von Myra nimmt, zeigt sich schon daran, dass er sich nicht bloß sporadisch Watte ans Kinn pappt, sondern seinen Bart seit August selig sprießen lässt.

Dem Karlsfelder geht es nicht um Äußerlichkeiten oder nostalgisches Heidschi Bumbeidschi, sondern um den Kern der christlichen Botschaft: um Nächstenliebe, solidarisches Handeln und Uneigennützigkeit. Um Werte, die der Heilige Nikolaus vorbildlich gelebt habe, und die gerade in diesen Zeiten hochgehalten werden müssten. Willibald steht mit seiner Idee nicht alleine da. In Passau hat das katholische Bonifatiuswerk am Dienstag die bundesweite "Weihnachtsmannfreie Zone" eröffnet. Sie soll ein starkes Zeichen für den Schutz von Kinderrechten setzen. Aber wer Johann Willibald kennt, weiß, dass ihm auch der Schalk im Nacken sitzt. So eine "zipfelmützenfreien Zone Karlsfeld", gibt er zu, wäre ja auch ein ganz hübscher Werbegag für seine Gemeinde.

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