Mitten in Karlsfeld:Krawumm- pssst!

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Die Zeiten, da die Gemeinde Karlsfeld als verschnarchte Schlafstadt galt, sind vorbei. Nachts rummst es jetzt schon mal heftig. Und wer ist Schuld an der Böllerei? Klar, die Jugend

Von Gregor Schiegl

Und dann macht's Bumm! Ein Donnerschlag zerreißt die Stille, die Scheiben vibrieren, die Katz' springt unters Bett, schmeißt das Pottschamperl um oder was immer unter der Bettstatt lagert, falls dort etwas lagert, falls überhaupt ein Katzenvieh im Haus ist, aber egal, der Schlafende sitzt senkrecht, stellt fest, dass er gar nicht mehr schläft, er hat die Augen offen und erst recht die Ohren. Da kracht es schon wieder in der Karlsfelder Sommernacht, der lauen, wolkenlosen, wo kein Gewitter dräut, wo der Mensch nichts Böses ahnt. Bumm! Dem Veteranen pumpert das Herz unter dem Eisernen Kreuz, schweißdurchnässt ist der Pyjama. Potz Blitz, wer schießt denn da? Ist das der Iwan? Oder ist's nur der Werner von nebenan, der blöde Hundsfott, der mitten in der Nacht mal wieder Böller zündet? Die Ohren sollte man ihm lang ziehen, dem Krawallheini, dem explosionsgeilen Pickelbuben, dem Hans-spreng-in-die-Luft! Na warte, ich werd' dich Mores lehren! Das gibt ein Donnerwetter!

Es gab Zeiten, da beklagte man sich über die Schnarchnasigkeit der Gemeinde, ihre granufinke Zipfelmützigkeit, ihr narkoleptisches Nachtleben. Schlafstadt Karlsfeld, tschepüh. Und jetzt? Krawall und Remmidemmi. Eine Bürgerin geißelte in der jüngsten Bauausschusssitzung die um sich greifende Unsitte nächtlicher Sprengungen aus Jux und Böllerei. Die gehe gerade älteren Karlsfeldern mächtig auf den Zeiger, manchen schlage sie regelrecht aufs Gemüt: "Es gibt noch viele vom Krieg Traumatisierte."

Die ältere Dame wähnt Jugendliche als Übeltäter, die an der Schwelle zur Adoleszenz gerne mal einen rumsen lassen und dabei Kollateralschäden am Nervenkostüm ihrer Mitmenschen in Kauf nehmen. Man wird ja nur einmal 18! Juhee und Krawumm! Die Dame regte an, die Gemeinde möge jeden Karlsfelder vor Beginn seines 19. Lebensjahres persönlich anschreiben, auf dass er gesittet sein Erwachsenwerden feiere - im Rahmen der TA Lärm.

Bürgermeister Stefan Kolbe (CSU) fand die Klagen berechtigt, schätzte die politische Sprengkraft allerdings nicht ganz so hoch ein. Das seien halt ein paar Jungs, die übrig gebliebene Böller von Silvester hochgehen ließen. So sind Jungs eben, in Karlsfeld und auch anderswo. Zudem, fand der Rathauschef, wäre der Aufwand doch etwas übertrieben. Laut Einwohnermeldeamt gibt es 188 Karlsfelder, die in diesem Jahr 18 wurden oder noch werden, und jeden einzelnen von ihnen anschreiben, dass er nachts bitte kein Feuer an seine Lunte . . . herrje, nein! Aber einen Aufruf im Mitteilungsblatt der Gemeinde, den könnte er schon machen. Wir fassen ihn an dieser Stelle vorab schon mal exklusiv für unsere Leser zusammen: pssst!

© SZ vom 25.07.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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