Mitten in Karlsfeld:Ja, wo laufen Sie denn?

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Die Schulstraße führt zur Schule, die Kirchgasse zur Kirche. Und die Rathausstraße in Karlsfeld führt wo hin? Gute Frage

Von Walter Gierlich

Auf dem bayerischen Dorf ist alles bestens geordnet, sodass sich auch ein fremder Besucher nicht wirklich verirren kann. Die Schulstraße führt zur Bildungseinrichtung des Ortes, die Kirchgasse zum Gotteshaus, die Bräugasse zum örtlichen Bierhersteller oder wenigstens zum Wirtshaus am ehemaligen Standort. Die Hinterdupfinger Straße führt in der einen Richtung zum Nachbardorf, die Vorderkraxinger in der anderen. So schön, so übersichtlich.

Nun ist Karlsfeld ja nicht mehr im eigentlichen Sinne ein Dorf. Für diese Bezeichnung erscheint der Ort mit 20 000 Einwohnern denn doch etwas zu groß. Aber wohlgeordnet ist die Gemeinde auch. Schließlich führt die Münchner Straße wirklich in die Landeshauptstadt, der Friedhofsweg tatsächlich zum Gottesacker, die Schulstraße zur Verbandsgrundschule und an der Bayernwerkstraße liegt immer noch das Gelände, von dem aus jahrzehntelang der größte Steuerzahler der ehemaligen Mooskolonie große Teile Südbayerns mit Strom belieferte.

Doch an manchen Stellen ist es mit der Übersichtlichkeit vorbei, was Besucher und Lieferanten bisweilen erheblich verwirren kann. So endet die Rathausstraße zwar in der Tat am Sitz der Gemeindeverwaltung, auch wenn deren Postanschrift Gartenstraße 7 ist. Aber das ist nur die halbe Wahrheit, besser gesagt: die halbe Rathausstraße. Denn nach einer Lücke von mehreren hundert Metern geht es weiter mit der Rathausstraße. Jahrzehntelang lag dazwischen die sogenannte Wögerwiese, das eigentliche, natürliche Zentrum des Ortes. Einst hatten die Räte offenbar gehofft, dass nach einer Bebauung des Areals die beiden Teilstücke der Rathausstraße verbunden werden könnten. Allerdings erhebt sich jetzt auf etwa der Hälfte der früheren Wögerwiese Karlsfelds "Neue Mitte", so ist es selbst mit dem Sichtkontakt vorbei. Und die direkte Fortsetzung der Rathausstraße vom Rathaus nach Süden durch die neuen Wohnblocks heißt nun Kirchweg. Doch wer glaubt, er käme dort zur Kirche, der ist auf dem Holzweg. Aber immerhin kann man sie sehen.

© SZ vom 10.10.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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