Mitten in Karlsfeld:Hendlkollaps mit Humtata

Auf dem Siedlerfest lädt die Gemeinde ihre Senioren jedes Jahr bei Blasmusik auf eine Brotzeit ein. Das dürfte sie diesmal teuer zu stehen kommen

Von Gregor Schiegl

Vor zwei Jahren schrammte Dachau nur knapp an einem Volksaufstand vorbei. Dem Bürgermagazin mussten die Senioren entnehmen, dass die Stadt ihnen diesmal zwei Wollwürste servieren würde statt, wie ehedem die altbekannten Dampfwürste. Wer sich im Wurstwesen nicht so auskennt: Wollwürste werden auch Nackerte, Geschwollene oder Geschlagene genannt und so sehen sie auch so aus, kraftlos und weiß in brauner Tunke, seniorenheimmäßig. Und bekanntlich sind Seniorenheime bei Senioren so populär wie die Ganztagsschule bei Teenagern.

Aber während Teenies nölend vor sich hinrevoltieren, ohne viel Schaden anzurichten, sieht das bei den Alten anders aus. Sie verhindern Stromtrassen und Windräder oder kegeln Großbritannien aus der EU, damit ist nicht zu spaßen. In Dachau ging die Sache noch mal glimpflich aus. Ein Rathausmitarbeiter, obgleich "wurstaffin", hatte sich schlichtweg vertan, der Irrtum war rasch aufgeklärt, der Druck im Wurstkessel sank rapide. Dafür brodelt es in Karlsfeld: Auf dem Siedlerfest lädt die Gemeinde ihre Senioren jedes Jahr bei Blasmusik auf eine Brotzeit ein. Allerdings wurde das Reglement vor fünf Jahren dahin gehend verschärft, dass die älteren Damen und Herren die Marken selbst einlösen müssen und nicht mehr die Enkelin auf ein Hendl to go schicken dürfen. Das gab viel böses Blut, führte aber zur allgemeinen Erleichterung nicht zur Gründung einer neuen Karlsfelder Bürgerinitiative.

Besonders gefreut haben dürfte sich der Kämmerer, Alfred Giesinger: Der Hendl-Bier-Anteil am Gemeindehaushalt fiel zusammen wie die Schaumkrone eines warmen Biers. Statt 35 000 Euro gab Karlsfeld nur mehr 23 000 Euro für Marken aus. Der Seniorennachmittag an diesem Dienstag könnte die Gemeinde aber teuer zu stehen kommen, whistleblowte die ehemalige SPD-Sozialreferentin Anita Neuhaus. Sie hat mitbekommen, dass einige Senioren zwei Zusendungen mit Marken bekommen haben, eine abgestempelt am 6. Juni, die andere am 7. Juni - und die Senioren gedenken, diese Schusseligkeit auszukosten, bis die Schwarte kracht: Chickengate. Karlsfeld vor dem Hendlkollaps. Bürgermeister Kolbe hat bereits Gegenmaßnahmen angekündigt. Der Einsatz der gefürchteten Wollwürste kann nicht mehr ausgeschlossen werden.

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