Mitten in Karlsfeld:Ein ulkiger Kopf

Die Kopfweide, ein botanisches Auslaufmodell, dienst als Mahnung: Wer den Schnitt nicht rechtzeitig setzt, landet schnell im Unterholz

Von Gregor Schiegl

Kürzlich listete ein Foto-Blog die 13 prächtigsten Bäume der Welt auf: Es fanden sich darunter ein Blauregen aus China, ein Baobab-Baum aus Madagaskar und ein hawaiianischer Regenbogeneukalyptus, der aussieht, als sei Lady Gaga als Baum wiedergeboren worden. Die Kopfweide schaffte den Sprung an die Spitze der Prachtexemplare nicht. Sie ist ja auch ein eher kauziges Gewächs, gewissermaßen der Danny DeVito unter den Bäumen. Früher sah man DeVito ständig auf der Leinwand, inzwischen macht er sich rar - ebenso ist es mit der Kopfweide. In der Rothschwaige gibt es noch Restbestände der verwachsenen Bäume, und damit das so bleibt, hat Karlsfelds Umweltreferentin Mechthild Hofner kürzlich beantragt, sie als "schützenswerten Landschaftsbestandteil" unter Naturschutz zu stellen.

Für alle, die es nicht wissen: Die Kopfweide trägt ihre eigenwillige Frisur nicht, weil die Natur mal wieder besonders witzig sein wollte, sondern, weil die Bauern früher die Äste der Weiden abschnitten, um daraus Zäune zu errichten. Wie der Bonsai ist die Kopfweide Menschenwerk, aber, Gott sei's geklagt, auch ein botanisches Auslaufmodell. In Karlsfeld kümmert sich CSU-Gemeinderat und Landwirt Wolfgang Offenbeck um den Schnitt der Kopfweiden, obgleich er selbst gar keine Weidezäune benötigt: Seine Erdbeeren laufen nicht davon. Umso mehr gebührte Offenbeck der Dank der Umweltreferentin für seine einschneidenden Verdienste.

Unglücklicherweise suchte Hofner ihren Antrag zum Schutz der Kopfweiden auch noch mit dem Argument zu untermauern, dass man ja auch an die Zukunft denken müsse. Der gute Herr Offenbeck werde ja auch nicht jünger. Herr Offenbeck schaute pikiert, im Gemeinderat brach Hohngelächter aus. Hofner versuchte sich herauszureden, dass sie eigentlich die Bäume gemeint habe: Die Bäume würden nicht jünger, die Bäume! Was folgte, war nur noch mehr Gelächter. "Das wird nichts mehr", winkte Bürgermeister Stefan Kolbe heiter ab. So dient die Kopfweide uns auch als Mahnung: Wer den Schnitt nicht rechtzeitig setzt, landet schnell im Unterholz.

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