Mitten in Karlsfeld:Auf Kosten der Allgemeinheit

Ärgerlich, wenn Privatleute kassieren - und die Öffentlichkeit zahlt

Kolumne von Walter Gierlich

Die Älteren unter den Lesern werden sich vielleicht noch an das Phänomen der Zonenrandförderung erinnern. Das gab es in jener Zeit vor dem Mauerfall, als neben der Bundesrepublik Deutschland (BRD) noch die Deutsche Demokratische Republik (DDR) existierte. Deren Namen mochten manche allenfalls in Anführungszeichen schreiben, wenn sie den Staat nicht gleich Zeit seines Bestehens als Sowjetzone oder Ostzone bezeichneten. An deren Rand war damals die (westliche) Welt zu Ende, so dass die Menschen von dort wegzogen und Firmen sich gar nicht erst ansiedelten. Um in jenen seinerzeit tristen Landschaften dennoch Arbeitsplätze zu schaffen und die Abwanderung in Grenzen zu halten, gab es für Unternehmen Prämien, wenn sie sich am Zonenrand niederließen. Die wurden für eine bestimmte Zeit gewährt, und häufig machten die Betriebe umgehend dicht, sobald die Förderung ausgelaufen war. Die Kosten für die dann arbeitslosen Menschen blieben an der Allgemeinheit hängen.

Nach der Wiedervereinigung 1990 gab es dann ein ähnliches Spiel auf Kosten des Staates und somit aller steuerzahlenden Bürger in der "Zone" selbst. Betriebe aus dem Westen kauften die staatlichen DDR-Betriebe auf, wenn sie ihnen nicht gleich mehr oder weniger kostenlos nachgeworfen wurden. Dann stellten die neuen Eigentümer die Produktion ein, waren lästige Konkurrenz los und kamen zugleich in den Besitz oft riesiger, wertvoller Grundstücke. Wieder waren es die nun arbeitslosen Beschäftigten, die dabei in die Röhre schauten, und die Allgemeinheit, die blechen durfte. Auch später liefen solche Geschäfte weiter, bei denen Privatleute kassierten und die Öffentlichkeit zahlte. Man denke nur an die Abwrackprämien für die angeblich so notleidende Autoindustrie oder die Bankenrettung im Zuge der Finanzkrise nach 2007.

Doch sollte niemand glauben, dass es so etwas nur im ganz großen, bundesweiten Maßstab gibt. Man kann es auch bei ganz kleinen Dingen entdecken wie jüngst an der Münchner Straße in Karlsfeld. Da ist ein Mann mit einem dieser lärmintensiven Laubbläser auf einem privaten Grundstück ganz intensiv damit beschäftigt, alles was auf dem Boden liegt auf den öffentlichen Geh- und Radweg zu pusten. Denn der gemeindliche Bauhof wird den Dreck auf Kosten der Allgemeinheit dann schon beseitigen. Nicht sehr teuer, aber doch ärgerlich.

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: