Mitten in der Region:Lichte Momente

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Wer eine Sternschnuppe vom Himmel herabfallen sieht, ist von einem Gefühl tiefer Freude erfüllt. Ein Gefühl, das der ganze irdische Elektro-Kram niemals hervorrufen könnte

Von RITA BAEDEKER

Die ewigen Sterne kommen wieder zum Vorschein, sobald es finster genug ist", sagte einmal der schottische Philosoph Thomas Carlyle, der 1881 starb. Und meinte damit nicht nur den Schein der Straßenlaternen. Finster geht es zwar gerade auch jetzt auf der Welt zu, die ewigen Sterne am Himmel sieht man trotzdem meist nicht. Seit die Industrie Lichterketten erfunden hat, seit in Vorgärten und auf Balkonen Scharen von Nikoläusen, Hirschen, Elchen und andere blinkende Gebilde bis in den Januar hinein die Nacht künstlich erhellen, gehört die samtene, die beruhigende, viel Schönes und Hässliches, viel Schmerz und Lust gnädig verhüllende Dunkelheit der Vergangenheit an.

Konnte man in früheren Zeiten, wenn alle zu Bett gegangen waren, in mondlosen Nächten die Sterne zählen, gar die Nebelschwaden der Milchstraße, unserer galaktischen Heimat, erahnen, so wirken die Himmelslichter heute eher blass. Dass sich die kosmischen Lämpchen von der irdischen Konkurrenz trotzdem nicht so leicht aus der Bahn werfen lassen, demonstrieren immer wieder mal unscheinbare Krümel aus dem All, die als Geschosse auf die Erdatmosphäre prallen und dort ein Feuerwerk abbrennen. So wie kürzlich nachts, als man in einer Schlafpause nur mal eben ans Fenster trat, um nach dem Wetter zu sehen. In genau der Sekunde schoss vom nachtblauen Himmel im Süden eine Sternschnuppe herab, strahlte für Sekunden heller als hundert Leucht-Nikoläuse und verglühte, als habe sie auf den Moment gewartet, da jemand am Fenster steht und hinausschaut. Ein Gefühl tiefer Freude und Zuversicht erfüllt da den Menschen, ein Gefühl, das der ganze irdische Elektro-Kram niemals hervorrufen könnte.

© SZ vom 29.12.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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