Mitten in Dachau:Tierisches Leuchten

In der dunklen Jahreszeit sieht man sie jetzt überall: Hunde, bunt blinkend und leuchtend. Auch Pferde sind inzwischen mit LED-Technik ausgestattet

Von Gregor Schiegl

Der Tiefsee-Bartelfisch Photostomias guernei sieht aus wie zwei Kokosnusshälften, zwischen die man ein Grinsen aus nadelscharfen Zähnen gepackt hat. Statt sich eine blickdichte Tüte über den Kopf zu ziehen, leuchtet der Bursche auch noch wie ein geöffneter Kühlschrank, nicht aus monströser Eitelkeit, sondern um Opfer anzulocken. Badegäste im Landkreis müssen sich trotzdem keine Sorgen über leuchtende Seeungeheuer machen. Erstens ist gerade keine Badesaison, außerdem ist selbst der Waldschwaigsee mit 14,60 Metern Tiefe immer noch viel zu flach und ungesalzen für den Horrorfisch.

Dass er trotzdem in diese Kolumne hineinschwappt, liegt an seiner Fähigkeit zu leuchten. Biolumineszenz nennt sich das Prinzip. Glühwürmchen können das auch und einige Pilze. Jetzt nach der Umstellung auf die Winterzeit fällt auf, dass dieses einst auf wenige Arten begrenzte Konzept künstlich ausgedehnt wurde. Bei Abendspaziergängen blinkt und leuchtet es nun in und um Dachau auf allen Wegen: mopsrot, chow-chow-blau, pudelrosa, terriergrün. Der evolutionäre Vorstoß zum Robodog ist eingeleitet, und das ist nur zu begrüßen. Schon von weitem blinkt, was sonst bellen müsste und womöglich beißen würde. Und das Praktische: Schon an Höhe und Weite des Halsbands erkennt man, wer da kommt, ob es Taschentöle ist oder Bellpferd. Oder richtiges Pferd.

In und um Neuhimmelreich wurden schon berittene Rösser gesichtet mit Leuchten an den Fesseln. Selbst aus der Katze kann man schon einen amerikanischen Weihnachtsbaum auf vier Beinen machen. Wohin soll das noch führen? Es lohnt ein Blick ins ferne Uruguay. Dort haben Forscher vor einigen Jahren das Erbgut von Schafen mit fluoreszierender Quallen-DNA versetzt. Die Schafe leuchten in der Dunkelheit. Vielleicht auch ihre Pullover, das wäre super. Nur eine Spezies stemmt sich beharrlich gegen den Trend: der Drahtesel. Mehr als ein Drittel seiner Population durchstreift seinen urbanen Lebensraum unbeleuchtet. Vielleicht sollte er sich anpassen. Sonst siebt ihn die Evolution aus.

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