Mitten in Dachau:Run auf verbilligtes Klopapier

Noch attraktiver als das Dachauer Volksfest erscheint vielen nur der Drogeriemarkt in der Münchner Straße. Da gibt es alles zum halben Preis.

Von Viktoria Großmann

Der Mensch ist ein Raubtier, ein erbarmungsloser Sparfuchs, ein Hamster. Natürlich nicht. Tiervergleiche führen meistens in die Irre und manchmal zu einer Anzeige. Allerdings wegen Beleidigung von Personen, nicht wegen der Tiere. Was unfair ist. Denn so wenig man Tiere auf eine Eigenschaft reduzieren kann, so einfach geht das beim Menschen: Der Mensch ist ein Lebewesen, das gern preisreduziertes Toilettenpapier kauft. Dafür stellt er sich gerne morgens an der Münchner Straße 32 in Dachau an. Im dort sich befindlichen Drogeriemarkt ist seit Mittwoch Ausverkauf. 50 Prozent auf alles. Sogar auf Wimperntusche.

Am Donnerstagmittag zeigt sich bei einer Besichtigung der Stätte, was der Mensch offensichtlich am nötigsten hat. Das alles gibt es nicht mehr: Windeln, Feuchttücher und alle weiteren Mittel zur Versorgung, Reinigung und Fütterung von Babys. Der Dachauer setzt auf Familie. Kondome gibt es noch. Ausverkauft sind außerdem Toilettenpapier, Küchenrolle, Putzlappen, Topfkratzer, alle Arten Reinigungsmittel. Nur Schuhe werden offenbar nicht so gern geputzt. Damit fehlt im wesentlichen alles, was eine Drogerie vorrätig haben sollte. Augenzeugen berichten von Großangriffen mit zwei Einkaufswagen, von Raubzügen durch die Körbe der Miteinkäufer und von Kofferraumdeckeln, die sich über einem Vierlingsvorrat an Windeln kaum noch schließen wollen.

Während die Menschen, die gern für überübermorgen vorsorgen, schon da waren, stehen am Donnerstag im Laden verloren ein paar Menschen, die für die Gegenwart einkaufen wollen und bang die Verkäuferin fragen: Macht ihr zu? Die Auskunft lautet gleich der offiziellen Pressemitteilung: Es wird umgebaut. Wiedereröffnung ist am 29. September. An diesem Freitag ist der letzte Ausverkaufstag. Wen jetzt das Verlangen nach einem Hornhauthobel zum halben Preis packt, der sei unbesorgt. Das ist nicht animalisch. Es ist allzu menschlich.

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