Mitten in Dachau:Motor City Dachau

Dachau hat viele gute Seiten, aber die beste ist seine konsequente Autofreundlichkeit. Es wäre doch schade, das jetzt zu ändern.

Von Viktoria Großmann

Es ist leicht, in Dachau unter die Räder zu kommen. Man muss nur mal versuchen, die Martin-Huber-Straße zu überqueren, um vom Taschenladen zum Döner-Imbiss zu gelangen. Schon überfährt einen ein rechtsabbiegender 87-Jähriger. Wenn der es nicht schafft, dann der Linksabbieger aus der Schleißheimer Straße kommend. Hat man das überlebt, wird man sehr wahrscheinlich früher oder später am Fuß der Huber-Treppe auf der Thoma-Wiese vom Sattelschlepper erfasst, der auf dem Weg Richtung Münchner Straße genauso wenig wie der Sportwagenfahrer die rote Ampel gesehen hat.

Und das passiert, man muss es dazu sagen, wenn die Ampel für Fußgänger gerade mal Grün zeigt. Was selten genug vorkommt. Dachauer Fußgängerampeln werden niemals von selbst grün, immer nur auf Bestellung. Und auf eine Bestellung, ob bei Zalando oder im Zieglerbräu, muss man immer ein bisschen warten. Faustregel: Eine Rotphase dauert so lange, bis zwei verspätete S-Bahnen davon gebummelt sind. Das macht die Fußgängerampeln zu Ruheinseln, ja, zu Treffpunkten dieser Stadt. Hier kann man seinen Gedanken nachhängen, während der stete Verkehrsfluss der Autos beruhigend eintönig vorbei zieht. Oder ins Gespräch kommen. Wo sonst finden Grundschüler, Flüchtlinge, Mütter mit Kinderwagen, und Rentner auf Fahrrädern, die mangels Platz auf der Straße auf die Gehwege ausweichen, in so lockerer Runde zusammen? Es ist der Ich-kann-mir-kein-Auto-leisten-Treff. Selten ergänzt durch Menschen, die aufgrund grotesker Umweltschützerfantasien freiwillig darauf verzichten.

Sagen wir es rundheraus: Dachau hat viele gute Seiten, aber die beste ist seine konsequente Autofreundlichkeit. Der Dachauer denkt amerikanisch, Dachau ist die Motor City des Großraums München. Übers Kopfsteinpflaster der Altstadt rumpeln, um direkt vorm Laden zu parken? Mit dem Auto zum Bäcker? Dachau hat die einzigartige Infrastruktur dafür. Nur ein paar Spielverderber im Rathaus finden das mittlerweile ziemlich von gestern. In Wahrheit macht es Dachau einzigartig.

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