Mitten in Dachau:Casual durch das Zinstief

Warum die Volksbank Raiffeisenbank Dachau ihren Dresscode thematisiert

Von Viktoria Großmann

Keine Muster, kein Knoblauch, kein gefärbtes Haar und bitte: unauffällige Unterwäsche. Möglichst hautfarben. Die Schweizer Bank UBS hatte 2010 wahrlich andere Sorgen, als sie sich mit einem 44 Seiten umfassenden Knigge für ihre Mitarbeiter, der außerordentlich detaillierte Kleidungsvorschriften enthielt, zusätzlich der öffentlichen Häme aussetzte. Dabei tat das Unternehmen eigentlich nur etwas sehr Menschliches: In Zeiten der Unsicherheit legte es einen Panzer an. In der Bankenbranche besteht der aus dunklem Anzug oder Kostüm und insgesamt maximaler Unauffälligkeit und damit Unangreifbarkeit.

Allerdings kann das, wie die Volksbank Dachau nun bemerkt "eine gewisse Distanz zum Kunden" schaffen. Das ist schlecht fürs Geschäft. Zumal der Kunde spätestens seit 2008 gelernt hat, den Banken nicht zu trauen. Aus dem Debakel der UBS lernten damals sofort die Deutsche Bank wie auch Versicherer und andere Großunternehmen. Da gibt es heute höchstens noch sanftes Lenken zum guten Stil. Allianzmitarbeiter etwa können sich im Intranet Blusen und Hemden mit dezentem Logo bestellen. Und wer keinen Kundenkontakt pflegt, darf den Kollegen auch im Pulli unter die Augen treten. Ein bisschen ausflippen darf man am Casual Friday - da gibt es keinen Krawattenzwang. Glitzernagellack ist allerdings niemals casual, sondern nur was für samstags.

Auch die Volksbank Dachau hat sich jetzt nach reiflicher Betrachtung dafür entschieden, es ein bisschen lockerer angehen zu lassen. Man wolle "keine Barrieren gegenüber unseren Kunden aufkommen lassen", teilt Vorstandssprecher Thomas Höbel mit. Barrierefreiheit aller Orten. Nicht nur durch Aufzüge, nun auch mittels Polohemden und vielleicht sogar gestreiften Socken. Optimistisch und zukunftsgewandt kann man das als Einebnung von Klassenunterschieden und Hierarchien deuten. Skeptisch und pessimistisch als Heranwanzen an den Kunden. Früher konnte er, wenn es schiefging, die in den Sand gesetzte Geldanlage auf den Heini im Anzug schieben. Jetzt sitzt da einer, der nicht auf Autorität, sondern auf Freund macht. Das ist in der Erziehung doch schon in den Siebzigerjahren total schief gegangen. Denn von einem Freund enttäuscht zu werden tut viel mehr weh, als vom Schlipsträger über den Tisch gezogen zu werden.

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