Mitten im Landkreis:"Ein' feste Burg ist unser Garten"

Über den Trend in Dachau, sich mit Mauern zu umgeben

Von Walter Gierlich

Die Deutschen rüsten auf. Das kann man seit Monaten in Statistiken nachlesen, über die ausführlich und oft mit besorgtem Unterton berichtet wird. Nein, nicht die Bundeswehr ist jetzt gemeint, bei der hapert es ja eher mit der Funktionsfähigkeit ihrer Ausrüstung. Gemeint sind ängstliche Bürger - auch im Landkreis, die sich im Landratsamt den sogenannten kleinen Waffenschein besorgen und sich in einschlägigen Läden mit Pfefferspray und Schreckschusspistolen eindecken.

Doch wesentlich unauffälliger und bislang ohne große öffentliche Aufmerksamkeit setzen viele Menschen auch auf andere Abwehrmaßnahmen gegen vermeintlich drohende Gefahren. Früher reichte dem Gartenbesitzer der einfache Maschendrahtzaun, den der Fernsehmoderator Stefan Raab einst sogar in einem Nummer-eins-Hit besang, vielleicht noch mit einer Hecke als Sichtschutz, um seinen Besitz von der Außenwelt abzugrenzen.

Doch wer heute offenen Auges durch Eigenheimsiedlungen spaziert, der kann bisweilen ins Grübeln kommen angesichts dessen, was er an immer mehr Grundstücken zu Gesicht bekommt. Da haben zwei Meter hohe Metallplatten mit Stahlspitzen obendrauf die Anmutung von Einfriedungen einer Strafanstalt. Ebenso hohe Wände aus Sichtbeton lassen einen an den Wunschtraum des US-Präsidenten zur Abschottung seines Landes gegen Mexiko denken. Aufeinandergesetzte behauene Natursteine wirken wie Burgmauern, hinter denen sich im Mittelalter Rittersleut' vor ihren aggressiven Nachbarn sicher wähnten. Angesichts des 500. Reformationsjubiläums, das in diesem Jahr ja ausgiebig gefeiert wird, könnte man diesen Trend zur geballten Defensive mit dem abgewandelten Text eines Chorals von Martin Luther besingen: "Ein' feste Burg ist unser Garten."

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: