Markt Indersdorf:Und am Ende gewinnt immer die CSU

Am Gymnasium Indersdorf schlüpfen 60 Schüler in die Rollen von Abgeordneten und Journalisten. Gekonnt beraten sie über Gesetze, schmettern Anträge ab und feiern Siege. Und die echten Politiker schauen zu.

Von Leonie Sanke, Markt Indersdorf

Im Gymnasium Markt Indersdorf spielen sich ungewohnte Szenen ab: "Heute bin ich an einem offenen Klassenzimmer vorbeigegangen. Alle Schüler haben sich angeregt unterhalten, alle Schüler waren aufmerksam. Ein Lehrer war da gar nicht nötig", erzählt Schulleiter Thomas Höhenleitner. Kein Wunder, denn an diesem Tag hat in einigen Klassenzimmern kein dröger Frontalunterricht stattgefunden, sondern ein Planspiel. Unter dem Motto "Der Landtag sind wir!" schlüpften 60 Zehntklässler des Gymnasiums einen Schultag lang in die Rollen von Abgeordneten und Journalisten. Anschließend standen ihnen die echten Abgeordneten Martin Güll (SPD), Bernhard Seidenath (CSU) und Anton Kreitmair (CSU) Rede und Antwort.

In der Bibliothek interviewt Reporterin Anna ihren Klassenkameraden Benjamin, der einen Grünen-Abgeordneten mimt. Auf die Frage, was er vom Ergebnis der Ausschusssitzung halte, antwortet Benjamin: "Ich finde, dass es eine erzwungene Einigung war." Zudem seien unangemessene Kraftausdrücke gefallen. Die Politikersprache sitzt schon mal. Diskutiert wurde in der Sitzung über einen fiktiven Gesetzentwurf zur Installation von Überwachungskameras in Bayern. Im Laufe des Vormittags sollen die Schüler sich in ihren Parteien darüber beraten und schließlich einen eigenen Entwurf präsentieren, über den am Ende abgestimmt wird.

Welchen Standpunkt die Schüler vertreten sollen, haben sie am Morgen in den ihnen zugeteilten Rollenbeschreibungen erfahren. "Trotzdem kann man seine eigene Meinung mit einbauen", sagt Adriana. Sie hat bereits an einem politischen Planspiel in Berlin teilgenommen und ist heute Parteimitglied der Freien Wähler. "Das macht mir großen Spaß", sagt die Zehntklässlerin, "tatsächlich in der Politik zu arbeiten, kann ich mir aber nicht vorstellen. Das ist schon eine große Verantwortung." Konzipiert hat das Planspiel das Centrum für angewandte Politikforschung (CAP). Benedikt Swoboda ist einer der drei Betreuer vom CAP, die den Indersdorfer Gymnasiasten heute zur Seite stehen. "Man merkt, dass hier einige Schüler bereits Planspiel-Erfahrung haben", sagt Swoboda. Die Jugendlichen arbeiteten sehr gut mit und bräuchten kaum Anleitung.

Benjamin und Adriana haben sich zur Fraktionssitzung ihrer jeweiligen Partei eingefunden. Die Grünen und die Freien Wähler teilen sich nicht nur einen Raum, sondern wollen sich nun auch strategisch zusammentun. Irgendwie muss man sich ja gegen die Übermacht der CSU wehren. "Die von der CSU sind so viele, wir werden ständig überstimmt! Da fragt man sich, warum wir überhaupt noch abstimmen", klagt Adriana. Schnell wird ein Änderungsantrag formuliert, für den auch die SPD ihre Unterstützung ankündigt, und schon geht es zur abschließenden Lesung ins Plenum. Im Mehrzweckraum warten bereits die drei geladenen Landtagsabgeordneten von CSU und SPD auf die jungen Teilzeitpolitiker. Auch die Vertreter der übrigen Parteien waren eingeladen worden, haben aber abgesagt.

Planspiel Landtag

Flagge zeigen: eine Schülerin beim Vortrag.

(Foto: Niels P. Joergensen)

Nach und nach tragen Vertreter der Parteien die Ergebnisse ihrer Fraktionssitzung vor. Eine CSU-Abgeordnete rügt die SPD-Mitglieder, da diese lieber Pferde gemalt hätten, als sich an der Diskussion zu beteiligen. Die CSU will mit Überwachungskameras in 250 Gemeinden die Sicherheit der Bürger garantieren, die SPD dagegen einen Überwachungsstaat verhindern, die Freien Wähler fordern einen Bürgerentscheid und die Grünen sorgen sich um den Datenschutz. SPDler Martin Güll muss mit ansehen, wie im Plenum die Bemühungen der Opposition samt Änderungsantrag abgeschmettert werden und der Gesetzentwurf der CSU siegreich aus der Abstimmung hervorgeht. "Hier geht es fast wie im bayerischen Landtag zu", lautet Gülls Fazit nach der Sitzung.

Da mit Kreitmair und Seidenath gleich zwei Vertreter der CSU zugegen sind, müssen sie sich ihre Redezeit während der anschließenden Fragerunde aufteilen. Die Teilnehmer, die ihre Rollen inzwischen wieder abgelegt haben, wollen hauptsächlich wissen, wie es in einer Ausschuss- oder Fraktionssitzung denn nun wirklich zugeht, die Abgeordneten antworten. Seidenath gibt den Schülern einen Rat mit auf den Weg: "Bringt euch ein - egal wo! Ob in der SMV, als Klassensprecher oder in der Jugendarbeit, das alles ist Politik."

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